SchspIN

Gedanken einer Schauspielerin

Es wird sich ändern

#changeiscoming – Es wird sich ändern

Der heutige Text dreht sich um Musik, Veränderung und den 5. Geburtstag dieses Blogs.

Warten – I know All About Waiting

Vor Jahren entdecke ich die alternative rockband thenewno2 und war direkt begeistert von der Musik und dem Namen (der einen anderen Hintergrund hatte als ich assoziierte, aber egal. Cooler Name). Hinter thenewno2 stehen Dhani Harrison und Paul Hicks, die auch außerhalb von thenewno2 gemeinsame Musikprojekte hatten, u.a. stammte von ihnen die Filmmusik für BEAUTIFUL CREATURES / EINE UNSTERLICHE LIEBE (Regie Richard LaGravenese) und LEARNING TO DRIVE / FAHRSTUNDEN FÜRS LEBEN (Regie Isabel Coixet). Bei diesen beiden Filmen fällt wieder auf, was für seltsame Titelübersetzungen es doch gibt (Was ist DAS denn für ein Titel?) aber das ist ein Thema für einen anderen Tag.
2010 gründete Dhani Harrison gemeinsam mit Ben Harper und Joseph Arthur die Band A Fistful of Mercy. Und im letzten Oktober ist sein erstes Soloalbum erschienen: IN /// PARALLEL – ein Soloprojekt im wahrsten Sinne des Wortes, die zehn, teilweise längeren, Stücke hat er komponiert, gemastert und produziert. Er nennt es Grunge and Bass, Rolling Stone beschreibt es als psychedelisch und auch Harrisons Filmmusikhintergrund ist deutlich zu spüren. (Dhanis Filmmusiken)

Die Musik kann man mögen – ich mag sie! und die differenzierteren Kritiken sind durchweg sehr positiv – aber natürlich kann man sich auch etwas ärgern weil sie so anders ist als man es gerne gehabt hätte. So sagte ein Deutschlandfunk Kultur-Journalist (den Namen hatte ich leider nicht notiert) sinngemäß in seiner Kritik: „Ja, die Musik ist gut, aber etwas fehlt und zwar der Beatles-Sound. Deshalb gibt es Abstriche in der Bewertung.“
Dhani Harrison, Jahrgang 1978, ist der Sohn von Olivia Harrison, geborene Trinidad Arias, und George Harrison, einem Musiker aus Liverpool, der zehn Jahre Mitglied der Beatles war, und danach er eine gut 30-jährige erfolgreiche Solokarriere mit einem Dutzend LPs erlebte, darunter dem weltweit ersten Triple-Album (ALL THINGS MUST PASS), er stellte – angeregt durch Ravi Shankar – das erste Benefizkonzert auf die Beine (Concert for Bangladesh 1971), er sprang ein, als Monty Python Finanzierungsengpässe hatten, weil niemand sich an ihren Stoff traute (DAS LEBEN DES BRIAN) und er hatte mehrere Nummer 1-Hits.
Die Musik, mit der Dhani Harrison – 8 Jahre nach dem Beatles-Ende geboren – aufwuchs ist die der Solokarriere seines Vaters, und der vielen anderen Musiker, die zu Aufnahmen ins hauseigene fette Tonstudio kamen.

Im übrigen wurde er – mit einem Bachelor für Industriedesign und Physik in der Tasche – geklont, denn er ist ja nur der Sohn des Ex-Beatles („dieselbe Stimme!“ „dieselben Augen!“ „dasselbe Aussehen!“ und „er spielt auch Gitarre!“) – von seiner Mutter scheint er rein gar nichts geerbt zu haben.

Warum ich das alles erzähle? Weil engstirnige Erwartungen und Sichtweisen, zumal lauthals geäußert – immer unangenehm sind und oft Weiterentwicklung und Neues verhindern. In der Musik wie in der Filmbranche (von anderen, gesellschaftlichen Bereichen ganz zu schweigen): das wird immer so gemacht, lasst uns auf Nummer sicher gehen, Männer können Kamera oder Regie einfach besser, das Publikum will nun mal am liebsten Krimis sehen, Frauen müssen jung und schön sein, die Einschaltquoten beweisen was gut ist und was nicht funktioniert...
Apropos Fernsehen, ausgerechnet diesem, namentlich ARD und ZDF, wurde im letzten Jahr vom Vorstand des BFFS den Ehrenpreis Inspiration bei der DSP Deutscher Schauspielpreis Gala verliehen:

Mit dem „Ehrenpreis Inspiration“ zeichnet der Vorstand des Bundesverbands Schauspiel BFFS in jedem Jahr eine Persönlichkeit oder Institution aus, die durch ihre Leistung in besonderer Weise die Schauspielkunst ermöglicht und gefördert hat. (Quelle)

Der Preis zeichnete 2017 nicht hoffnungsvolle Ansätze aus, ging nicht an einzelne Redaktionen oder Personen, belohnte mutige fiktionale Formate, nein, die großen öffentlich-rechtlichen Sender in ihrer Gesamtheit bekamen ihn. Wie fühlen sich da Schauspielerinnen, die nicht besetzt werden, weil sie nicht ins Programm passen? Autor*innen, deren innovative Bücher abgelehnt oder grundlegend verändert werden? Wie fühlen sich Redakteur*innen von ARD und ZDF, die für Veränderung kämpfen und Kleinode ins Programm schmuggeln? Total egal, denn der ganze Laden ist eine Inspiration. Bzw. beide Läden. Und der SPD-Politiker Sigmar Gabriel hielt die Laudatio, – drei Tage vor der Bundestagswahl neulich – sicher weil er sich äh so gut in Schauspieler*innen versetzen kann und weiß, was diese inspiriert.

Wo bleibt das Positive?

Ja, gibt es auch. Der DSP, vormals bekannt als „der Preis mit dem unglücklichen Namen“, wurde endlich in Deutscher Schauspielpreis umbenannt, was ich schon von Anfang an vorgeschlagen hatte. Gut, hat etwas länger gedauert, aber ist dann passiert.
2016 ging der Ehrenpreis Inspiration an Isabel Coixet, die eine tolle Schauspiel-Regisseurin ist.

DSP 2016: BRS und Isabel Coixet. ©: BFFS/Foto:Schroewig

Leider wurde auch da die Laudator-Rolle prominent und wenig passend vergeben (Dieter Kosslick), seine Rede handelte mindestens genauso viel von ihm wie von Isabel Coixet, und ich weiß noch dass ich mich fragte, warum er in all den Jahren als Leiter der Berlinale eigentlich keinen Englischunterricht genommen hat, um an Wortschatz, Grammatik und Aussprache zu arbeiten. Aber vielleicht hatte er dazu einfach nie Zeit. Oder es gibt in Berlin keine Englischlehrer*innen. Aber das ist ein Thema für einen anderen Tag.
Ich war letztes Jahr nicht bei der Preisverleihung, aber in den letzten Jahren war mir etwas unangenehm aufgefallen, dass sämtliche Laudatios für die Preise des Abends von Promis gehalten wurden und auch die meisten Preise an Promis gingen. Die Nicht-Promis waren die freundlichen Helfer*innen am Abend. Aber das muss nicht immer so bleiben.

It‘s not like it used to be – Es ist nicht so wie es mal war

Es muss nicht immer so bleiben wie es war oder ist. Auch das deutsche Fernsehprogramm wird sich verändern. Auch die Regentschaft der sogenannten Einschaltquote ist irgendwann vorbei, dann werden endlich klügere Menschen durchsetzen, dass die wahre Qualität einer Sendung und die Bedürfnisse des Publikums sich nicht durch die Einschaltzahlen messen lassen. Und dass die Zahl der Instagram-Follower nicht über eine Besetzung entscheiden darf. Dass auch Frauen Filme machen können.  Irgendwann wird auch der BFFS demokratisiert. Und die Männerdominanz in der Filmbranche dreht ihre Schlussrunde.
Die Veränderung wird kommen.
Sie lässt sich nicht aufhalten von denjenigen, die das Vorgestern als die Zukunft propagieren. Gleichzeitig braucht sie konstruktive Unterstützung. Heforshe, Metoo, TimesUp, ERA50:50, Pro Quote – die Zeichen sind da.
Die Veränderung wird kommen.
Und ich freue mich, mit SchspIN und NEROPA dazu beizutragen, einen Wandel herbeizuführen.

it’s not like it used to be
It’s not like it used to be
It’s not like it used to be
It’s not like it used to be
(Dhani Harrison: All About Waiting)

SchspIN wird Fünf!

Heute vor fünf Jahren, am 16.1.2013, habe ich meinen ersten Blogtext veröffentlicht (SchspIN ist am Start) und am 20.1.16 habe ich erstmals NEROPA vorgestellt (Das Besetzungstool NEROPA). Zwei Jubiläen. Am 22.1.14 fand im Grünen Salon, veranstaltet von Women in Film and Television Germany, die Podiumsdiskussion „Wer spielt im deutschen Fernsehen eine Rolle?“ statt, bei der ich erstmals öffentlich über meine Analysen sprach (hier gibt’s einen Blogtext mit Audios) und eine öffentliche Diskussion über Rollenungleichgewichte, Besetzungspraxen, Stereotype und Strukturen begann, in deren weiteren Linie NEROPA zu finden ist, die Studie zur Audiovisuellen Diversität der Universität Rostock – und die Veränderungen, auf die wir uns freuen können.

Und ein weiterer Jahrestag wird übermorgen gesetzt, denn da veranstaltet die Schauspielgewerkschaft Equity UK am BFI British Film Institute in London ein NEROPA Symposium (#equityneropa).

Aber jetzt wird erst einmal gefeiert, 5 Jahre SchspIN – mit Musik, natürlich von Dhani Harrison.
Ich möchte mich herzlich bei allen bedanken, die hier über die Jahre gelesen haben, die positives und kritisches Feedback gaben, die mich mit Informationen versorgten oder meine Artikel in ihren Blogs oder anderen Plattformen und Artikeln teilten.
Und ich bedanke mich herzlich für die Glückwünsche, die ich zum heutigen Tag erhalten habe, manche im geheimen, und einige öffentlich.
Hoch die Tassen, auf die nächsten 5 Jahre SchspIN!

Grüße und Nachrichten

„Die FILMLÖWIN gratuliert SchspIN ganz herzlich zum fünften Geburtstag und bedankt sich aus vollstem Herzen für das fleißige, gut recherchierte und informative Brüllen! Weiter so und ein Prost auf gute Zusammenarbeit!“
Filmlöwin – das feministische Filmmagazin

 Liebe Belinde, auch Brigitte Macron ( in dem Fall: die aus der Sendung „Kroymann“) möchte dir herzlich zum 5. Geburtstag deines Blogs und zum 2. des intelligenten und angemessen kämpferischen Besetzungs-Tools NEROPA gratulieren! Und wünscht sich und uns von dir weitere so schön radikale und gleichzeitig praktikable Ideen.
Bon anniversaire! Gros bisoux!

in Vertretung: Maren (Brigitte ist grad nochmal zu Hyaluron-Behandlung)
Maren Kroymann: WebseiteKroymann Sketch Comedy (mit Brigitte Macron!)

Liebe Belinde Ruth, herzlichen Glückwunsch! Wir kennen uns zwar erst seit dem #EPD17, doch die „SchspIN-Gedanken einer Schauspielerin“ und das Engagement für „NEROPA“ möchte ich nicht missen. NEROPA – ein Besetzungstool für mehr Rollenvielfalt für mehr Gleichstellung, Diversität und weniger „breitbeiniger Kultur“. Du warst mit dem Blog lange ein Geheimtipp. Ich hoffe dies ändert sich. Dazu möchte ich herzlich gratulieren und freue mich über weitere spannende und erhellende Beiträge.
Mit herzlichen Gluckwünschen, Yvonne de Andrés
(Belinde Ruth Stieve im Interview mit Yvonne Andrés für AVIVA-Berlin)

Dhani Harrison – All about Waiting (Video)

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