SchspIN

Gedanken einer Schauspielerin

Tatorte 2012: vor und hinter der Kamera

Tatorte 2012: vor und hinter der Kamera

Vor ein paar Monaten hatte ich schon einmal die Hauptbesetzung der 2012er Tatortfolgen ausgewertet (mit einem kleinen Fehler, wie ich gerade bemerkt hab. Es waren 35 Erstausstrahlungen, ich hatte nur 34 untersucht).

Jedenfalls habe ich nun auch noch den 6-Gewerke-Check für die Tatorte vom letzten Jahr gemacht, d.h. den Frauenanteil in den Stabpositionen Regie, Drehbuch, Produzent/in, Kamera, Ton und Schnitt betrachtet. Quellen: die Tatortseiten der ARDcrew unitedtatort-fundus und IMDB.

Das Ergebnis zeigt Abbildung 1,  als Referenz der Frauenanteil in den Fachverbänden (grüner Kreis) bzw. der  crew united Datenbank (rosa Raute).


Tatorte_6Gew

In den Bereichen Regie, Drehbuch und Ton sind die weiblichen Filmschaffenden unterproportional vertreten (d.h. weniger Frauen arbeiteten in den Tatorten, als sie anteilig in der jeweiligen Berufsgruppe vorkommen), – überproportional die Tatort-Produzentinnen, -kamerafrauen und -cutterinnen. Die 50 %-Linie wird nur von den Schnittfrauen überschritten, in der crew united-Gruppe liegt der Frauenanteil hier bei 35,8 %, im BFS Bundesverband Filmschnitt Editor e.V. bei 61,7 %.

Ich finde besonders den niedrigen Drehbuchwert bemerkenswert, der erklärt vielleicht auch die teilweise schon recht männerlastigen Stories bzw. die Art und Weise der  Frauen- und Männerfiguren. Aber das ist ein anderes Thema.

Abbildung 2 zeigt die Anzahl der als hauptverantwortlich genannten Männer und Frauen in den sechs Gewerken. Die Gesamtzahl pro Film ist in den meisten Fällen mehr als 6, da insbesondere bei Drehbuch und Produzent/in oft mehr als 1 Person verantwortlich war.


Tatorte_6Gew_35

Insgesamt sind 36 Regisseur/innen, 43 Drehbuchautor/innen, 47 Produzent/innen, 35 Kameraleute, 35 Tonmeister und 35 Cutter/innen für die  35 Filme genannt.
Die drei Tatortfolgen, in denen in den 6 Gewerken mehr Frauen als Männer verantwortlich waren, sind:

  • Tödliche Häppchen (Ludwigshafen, 1.1.12. Regie: Josh Broecker)
  • Ordnung im Lot (Bremen, 12.2.12. Regie Claudia Prietzel und Peter Henning)
  • Wegwerfmädchen (Hannover, 9.12.12. Regie Franziska Meletzky)

An dieser Stelle noch einmal die Besetzung, jetzt aber für alle 35 Tatorte (Abbildung 3). Ich habe leider nicht die kompletten Besetzungslisten sondern kann lediglich die Hauptcasts vergleichen, wie sie auf den ARD-Seiten für jede Folge aufgeführt sind.


Tatorte_Bes35

Die drei Tatortfolgen mit mehr Frauen- als Männerfiguren im Hauptcast sind:

  • Verschleppt (Saarland, 22.1.2012. Regie Hannu Salonen) 55 %
  • Kinderland (Leipzig, 8.4.2012, Regie Thomas Jauch) 55 %
  • Das Wunder von Wolbeck (Münster, 25.11.2012. Regie Matthias Tiefenbacher) 53 %.

Insgesamt für alle 35 Tatorte ist das Rollenverhältnis für Schauspielerinnen und Schauspieler 1 zu 1,8, d.h. es gibt fast doppelt so viele männliche wie weibliche Figuren in den Geschichten, – wieder mit der Einschränkung, dass es nicht die kompletten Besetzungslisten sind, die betrachtet werden. Das heißt beispielsweise, dass die kleinen namenlosen Ein-/Zweitagesrollen nicht auftauchen.

Es gab 2012 zwei extrem männerlastige Tatorte:

  • Alter Ego (Dortmund, 23.9.12. Regie Thomas Jauch), Frauenrollen 18 %
  • Im Namen des Vaters (Frankfurt, 26.12.12. Regie Lars Kraume), Frauenrollen 20 %

Daneben 11 Tatorte, bei denen der Anteil der Frauenrollen zwischen 21 und 30 % lag, Und so weiter und so fort, alles weitere in Abbildung 4, einer Tabelle mit den 35 Tatorttiteln, den Erstausstrahlungsdaten, den Tatortstädten, dem Rollenverhältnis und über Farbcode links Regisseur oder Regisseurin und rechts der prozentuale Anteil der Frauenrollen in 9 Klassen.

Tatorte_liste

Der heutige Tatort heißt übrigens Die Wahrheit stirbt zuerst, er spielt in Leipzig, und auf der ARD-Webseite werden 3 Schauspielerinnen und 8 Schauspieler genannt. Der 6-Gewerke-Check ergibt auf den 6 Positionen 8 Männer und keine Frauen.