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Gedanken einer Schauspielerin

Die deutschen Top 100 Kinofilme 2014 – The Top 100 German Films 2014

English Version follows German.

Ein Acht-Gewerke-Check der erfolgreichsten deutschen Kinoproduktionen 2014
(Abbildungen am Ende des Textes)

Die deutschen Top 100 Kinofilme 2014

Während der Berlinale wurden wie jedes Jahr von der Filmförderungsanstalt FFA die Kinomarktdaten für das Jahr 2014 veröffentlichtlicht, also beispielsweise die Anzahl der Kinobesucher/innen (121,7 Mio.), Kinobesuche und –umsatz pro Person (1,51 bzw. 12,17 €), der durchschnittliche Eintrittspreis (8,05 €), die Zahl der Kinosäle / Leinwände (4.637), die Anzahl der Besucher/innen deutscher Filme (32,1 Mio) und noch mehr. Außerdem gibt es Filmhitlisten international (Platz 1: DER HOBBIT: DIE SCHLACHT DER FÜNF HEERE, Platz 5 der erste deutsche Film: DER MEDICUS) und nur für deutsche Produktionen (Platz 1 logischerweise DER MEDICUS, auf Platz 2 VATERFREUDEN und auf Platz 3 FACK JU GÖHTE mit 1.712.275 verkaufte Karten 2014, und 7.334.548 verkaufte Karten seit Start, denn der Film war ja auf Platz 1 der deutschen und internationalen Liste 2013. Diese Filmhitlisten basieren – im Gegensatz zu den umstritten erhobenen und hochgerechneten TV-Einschaltquoten – auf echten, absoluten Zahlen, und zwar den verkauften Eintrittskarten, die von den 1.630 deutschen Kinos an die FFA gemeldet werden.

Heute geht es aber nur um die 100 meistbesuchten deutschen Kinofilme 2014. Die Tabelle zeigt ihre Verteilung nach Genres (Kategorien übernommen von der FAA-Webseite, von mir in Übergruppen zusammengefasst). Kino2014_GenreZur Orientierung: der meistgesehene Film DER MEDICUS ist als Historienfilm kategorisiert. Unter den Top 20 sind 6 ausgewiesene Kinderfilme (3 Abenteuer, 2 Fantasy / Märchen und 1 Komödie: PETTERSSON & FINDUS – KLEINER QUÄLGEIST, GROSSE FREUNDSCHAFT auf Platz 16), 1 Sport-Dokumentation (DIE MANNSCHAFT auf Platz 10), 1 Fantasy / Märchen für Erwachsene (SAPHIRBLAU auf Platz 20), 1 Thriller (WHO AM I – KEIN SYSTEM IST SICHER auf Platz 13) und 1 Kriegsfilm (MONUMENT MEN auf Platz 19 – erstaunlicherweise eine GB-D-Koproduktion, ganz ohne US-amerikanisches Geld). Komödie und Drama sind 2014 die vorherrschenden Genres, aber sie sind unterschiedlich beliebt. Unter den Top 20 sind 10 Komödien (inklusive PETTERSSON & FINDUS) aber kein Drama, das erste kommt auf Platz 23 (LOVE, ROSIE – FÜR IMMER VIELLEICHT), als einziges unter den Top 30, in denen es 15 Komödien gibt. Regisseurinnen haben 5 Komödien (am höchsten: Platz 6) und 6 Dramen (Platz 50) inszeniert, und je 2 Dokumentarfilme bzw. Kinderfilme / Abenteuer (Ko-Regien nicht berücksichtigt). Der Frauenanteil im Regiebereich lag 2014 bei 17,3 %, 2013 bei 18,8 % und 2012 noch bei 23,9 %.

Es soll aber nicht nur um Regie gehen, sondern um 8 Gewerke insgesamt. Untersucht habe ich die Frauenanteile in den Teampositionen Regie, Drehbuch, Produzent/in, Kamera, Szenenbild, Kostümbild, Schnitt und Ton, und stelle wie immer als Referenzwerte die Frauenanteile in den jeweiligen Berufsverbänden und der Datenbank von crew united dazu. Außerdem habe ich das Geschlecht der erstgenannten Rollen im Cast ausgewertet. Die Daten zu den Teams der Filme habe ich größtenteils filmportal entnommen, einige Angaben stammen von crew united, eine von IMDB, und die übrigen fehlenden Positionen habe ich über Mails an oder Anrufe bei Produktionsfirmen ermittelt. Ich hatte den Eindruck, dass 2014 überproportional viele Münchner Produktionsfirmen unter den Top 100 waren, aber das ist vermutlich eine falsche Wahrnehmung, die daran liegt, dass ALLE meine Anrufe und Mails zur Vervollständigung und Klärung von Teampositionen nach München bzw. Bayern gingen (ca. 10 insgesamt).

Das eine war die Namen zusammenzutragen, das andere, das jeweilige Geschlecht festzustellen, u.a. bei Vornamen wie Uli, Preethep, Tong und Idil. Die Datenbanken sind da oft nicht wirklich hilfreich, so lautet beispielsweise der Eintrag zu Frau Jantje Friese bei Filmportal: „Darsteller, Regie-Assistenz, Drehbuch, Produzent, Produktionsleitung“. Aber auf verschiedenen Wegen, nicht zuletzt dank wirklich hilfsbereiter Produktionsfirmen, habe ich die offenen Fragen klären können. Bei der Gelegenheit kam ein weiteres Problem ans Licht: nämlich dass in einer Datenbank jemand für eine Teamposition genannt wird, aber die Produktionsfirma sagt „nein das stimmt so nicht, streichen Sie die Angabe“. So etwas kam beispielsweise bei dem Film DER KLEINE MEDICUS – BODYNAUTEN AUF GEHEIMER MISSION IM KÖRPER zufällig raus, als ich nach einer anderen Position fragte. Und dann gab es noch den Fall der Szenenbildnerin (laut Filmportal), die sich bei crew united selber nur als Außenrequisiteurin eingetragen hatte. Die Auswertungen und Abbildungen sind entsprechend ohne Gewähr, aber nach bestem Wissen und Gewissen erstellt.

Vier Anmerkung zu Dokumentarfilmen:

  1. bei ihnen sind naturgemäß einige der Positionen nicht besetzt, beispielsweise Kostümbild (das gilt natürlich auch für Animationsfilme).
  2. 2014 gab es entweder ,genderneutrale’ Dokumentationen (z.B. RHEINGOLD – GESICHTER EINES FLUSSES – Platz 74), oder sie handelten von Männern (Snowden, Beltracchi, Nowitzki, Männerfußball-Nationalelf.) Warum? Wurden keine Dokumentationen über Frauen gedreht? Oder haben die es bloß nicht in die Top 100 geschafft? Und falls das der Fall ist, wieso? Starteten sie mit weniger Filmkopien, hatten sie kleinere Werbeetats? Sind Filme über Frauen uninteressant?
  3. der Dokumentarfilm MITTSOMMERNACHTSTANGO (Regie Viviane Blumenschein) „über die vermeintlichen Ursprünge des Tango-Tanzes. Die Filmemacher begleiten drei leidenschaftliche argentinische Tango-Musiker nach Finnland. Der Filmemacher Aki Kaurismäki nämlich hatte behauptet, dass der Tango seine wahren Wurzeln in Finnland habe – und ob daran etwas Wahres ist, wollen die Männer aus Südamerika nun herausfinden.“ (filmportal.de). Auf der Filmwebseite werden als Cast 8 Männer und 1 Frau genannt. Was ist die Nebenbotschaft des Films? Dass der Paartanz Tango in Wirklichkeit Männersache ist?
  4. Der dt.-österr. Dokumentarfilm ALPHABET weist ein ähnliches Phänomen auf: Er „forscht nach den Ursprüngen des modernen Bildungssystems und stellt dessen Auswirkungen in Frage. (…) Die Ideale der Wirtschaft, wie etwa Konkurrenzdenken und das Erfüllen von Normen, werden auf das Schulwesen übertragen.“ (filmportal.de) Zu Wort kommen 7 Männer und 1 Frau. Warum? Hat Erwin Wagenhofer (Jahrgang 1961), der für Regie, Drehbuch (Konzept), Kamera und (mit zwei weiteren) für Schnitt verantwortlich ist, wirklich keine Bildungsexpertinnen, Bildungsforscherinnen, Pädagoginnen, Hirnforscherinnen oder Personalvorstandsfrauen gefunden – oder hat er sie einfach nur nicht gesucht?

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Die in den Grafiken dargestellten Auswertungen:

  •  Prozentualer Frauen- und Männeranteil für 8 Gewerke und die Erstgenannte Rolle, Referenzwert Frauenanteile in den Verbänden und bei crew united.
  • 15 Filme von Regisseurinnen, 82 Filme von Regisseuren: Frauenanteile in den übrigen 7 Gewerken
  • 12 Filme von Produzentinnen, 60 Filme nur von Produzenten: Frauenanteile in den übrigen 7 Gewerken (genaugenommen sind es 8 Filme nur von Produzentinnen, 1 Film mit 3 F und 1 M, 3 Filme mit 2 F und 1 M)
  • Inszenierung eigener und fremder Stoffe durch Regisseurinnen und Regisseure, prozentual
  • Geschlecht Erstgenannte Rolle (prozentual) nach Autorin / Autor bzw. Regisseur / Regisseur (Referenzwert: Erstgenannte Rolle in den Top 100 Filmen)

 Besonders auffallend sind erneut die niedrigen Frauenanteile in den Gewerken Drehbuch (26,9 %) und Schnitt (26,8 %), und der überproportionale Einsatz von Kostümbildnern (18,5 %). Greifen da die Männernetzwerke? Oder sind Cutterinnen und Drehbuchautorinnen für Topfilme weniger geeignet? Das Frau zu Mann-Verhältnis bei den erstgenannten Rollen ist mit 1 zu 1,75 wie immer alarmierend.

Es gibt 57 Filme (9 von Frauen, 48 von Männern), wo die Regisseur/innen am Drehbuch beteiligt waren, darunter 24 Filme (6 von Frauen, 18 von Männern) wo Regie und Buch bei einer Person lagen, also klassische Autor/innenfilme, dazu 4 Filme von Regieteams, bei denen es eine Überschneidung mit dem Drehbuch gab. Das heißt im Umkehrschluss, es gab nur 39 Filme, in denen Fremdstoffe inszeniert wurden. Im Fernsehen ist das Verhältnis vermutlich mindestens umgekehrt, aber das ist eine Untersuchung für einen anderen Tag.

  • Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Regisseur für einen Fremdstoff genommen wurde war 3 x höher als dass es eine Regisseurin wird.
  • Die Chance, dass der Film eine erstgenannte Frauenfigur hat ist am größten bei einer Drehbuchautorin (nicht bei einer Regisseurin).

Diese letzten beiden Thesen sind durch die 2014-Filme belegt, aber natürlich mit Vorsicht zu verwenden, denn sie sind ja nur statistische Schlussfolgerungen.

English Version

The Top 100 German Films 2014 – Checking 8 Team Positions

(Figures at the end of the text)

While the Berlinale Berlin International Film Festival was still going on, the German Federal Film Board FFA published the Cinema data for 2014, e.g. the number of admissions (121.7 Mio.), trips to the cinema and money spent on a ticket per person (1.51 / 12.17 €), the average admission price (8.05 €), the number of auditoriums / screens (4.637), the number of admissions to German films (32.1 Mio.) and so on. Also they publish the international ranking list (position 1: THE HOBBIT: THE BATTLE OF THE FIVE ARMIES, and on 5th position the highest German film: DER MEDICUS / THE PHYSICIAN) and the German productions ranking list (position 1: DER MEDICUS obviously, position 2: VATERFREUDEN (couldn’t find the international title), position 3 FACK JU GÖHTE with 1,712,275 admissions in 2013 and 7,334,548 admissions since the film premiered, maybe you remember that the film was topping both the German and the international ranking list in 2013. These ranking lists are based on solid facts – as opposed to the quite controversional and unreliable TV rating lists. I think this problem is global. Anyway, the sold tickets are reported to the FFA by all 1,630 German cinemas. In my text I am only writing about the Top 100 German films of 2014. The table shows the distribution according to genres (as suggested by the FFA), some of which were summarized by me (e.g. the documentaries).Kino2014_Genre_enSome general comments: The already mentioned Position 1 Film DER MEDICUS / THE PHYSICIAN was categorized as History. Among the top 20 films we find 6 designated children’s films (3 adventure, 2 fantasy / fairy tale and 1 comedy: PETTERSSON & FINDUS – KLEINER QUÄLGEIST, GROSSE FREUNDSCHAFT at position 16 (no English title to be found, but maybe you know the Swedish children’s books PETTSON OCH FINDUS by Sven Nordquist). Other films among the top 20: 1 sport documentary (DIE MANNSCHAFT / THE TEAM), 1 fantasy / fairy tale for grown-ups (SAPHIRBLAU / SAPPHIRE at position 20), 1 thriller (WHO AM I – KEIN SYSTEM IST SICHER / WHO AM I – NO SYSTEM IS SAFE, position 13) and 1 war film (MONUMENT MEN, position 19 – surprisingly a UK-German co-production without any US-money). Comedies and dramas were the predominant genres in 2014, but they are not on the same audience level. Among the top 20 there are 10 comedies, the highest ranked drama is on position 23 (LOVE, ROSIE – FÜR IMMER VIELLEICHT), as the only among the top 30 – as opposed to 15 comedies. Female directors were responsible for 5 comedies (highest position: 6) and 6 dramas (highest position 50), 2 documentaries and 2 children’s films / adventure (not considering shared directing). The share of female directors in 2014 was 17,4 %, in 2013 it was 18,8 % and in 2012 it was 23,9 %. But let’s not only look at directing but at a total of 8 team positions. I have evaluated the shares of women for directing, script, production, camera, production design, costume design, editing and sound, as well as the gender of the first role on the casting sheets.

The source I mainly used for this evaluation was filmportal, additonal information came from crew united and one position from IMDB. Finally I contacted about 10 production companies for the missing people. One task was gathering all the filmmakers’ names, the other was determining whether they are male or female, e.g. with names like Uli, Preethep, Tong und Idil. But I succeeded in the end. (Actually the German version of this text is a bit more elaborate as I write about problems encountered, if anybody is interested in this let me know, then I will also translate it).

Four comments on the documentaries:

  1. Here of course not all team positions always existed, e.g. costume design (this goes for animated films as well of course)
  2. In 2014 there were either landscape / country documentaries (e.g. RHEINGOLD – GESICHTER EINES FLUSSES – a film about the rhine in position 74) or documentaries about men (Snowden, Beltracchi, Nowitzki, men’s football national team / world champions). Why? Did no one shoot a documentary about a woman? Or did they just not make it into the Top 100? And if so, why? Did they have less copies and less money for advertising? Are films about women boring?
  3. The documentary MITTSOMMERNACHTSTANGO / MIDSUMMERNIGHT’S TANGO (director: Viviane Blumenschein) is „about the alleged origins of tango dance. The filmmakers are accompanying three passionate Argentinian tango musicians to Finnland. Filmmaker Aki Kaurismäki has claimed that the true roots of tango lie in Finnland – and if there is some truth in that is something that the men from South America want to find out now“ (filmportal.de). On the website of the film 8 men and 1 woman are named as the cast. So what is the sideline of this film? That tango as a dance with a partner is really men’s business alone?
  4. We find a similar phenomenon in the German-Austrian documentary ALPHABET: This film „looks for the origins of the modern educational system and is questioning its impacts. (…) The ideals of economy like e.g. competitiveness and meeting standards are transferred to the school system.“ (filmportal.de). 7 men and 1 woman are interviewed. Why? Is it because Erwin Wagenhöfer (b. 1961), who is responsible for directing, script (concept), camera and (with two others) editing, really could not find any female experts on education, female researchers on education, female educationalists or female chief human resources officers – or did he simply not look for them)

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The evaluations you find in the following figures:

  • Percentages shares of women and men for 8 team positions and the first role oof the cast. As a reference share of women for the professional associations and the data base of crew united
  • 15 films by female directors, 82 films by male directors: shares of women for the other 7 positions.
  • 12 films by female producers (only or by the majority), 60 films by only male producers: shares of women for the other 7 positions.
  • Directing own or someone else’s script by female and male directors, percentaged
  • Gender of first role of cast (percentaged) in relation to script writers and directors. Reference: shares of women for first roles for all top 100 films.

Once again the low shares of women for script (26.9 %) and editing (26.8 %) are noteworthy, and the disproportionally higher share of male costume designers (18.5 %). Is this a result of men’s networks? Or is it that female editors and female writers are less eligible for top films? The female-male-ratio for the first roles of the casts is once again quite alarming, being 1 to 1,75.

There are 57 films (9 by women, 48 by men) where the directors were involved in the script writing, among these 24 films (6 by women, 18 by men) where there is only one director and one writer, typical author’s films. On top of that 4 films with co-direction where there is some sort of involvement from a director in the writing. So in reverse this means that there were only 39 films where the directors worked on scripts by others. I would assume that this ratio is the other way around for television, i.e. less directors working on their own scripts, but that is something to investigate on another day.

  • The probability of being hired to direct an ,unknown ckript’ was 3 times higher for male than for female directors.
  • The chance of there being a female first role on the cast was the highest if there was a female script writer (not a female director).

 These last two conclusions are documented by the films from 2014, but of course to be handled with care, because this is only statistical talk.