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Gedanken einer Schauspielerin

Wer erzählte die Tatorte 2011-14?

Wer erzählte die Tatorte 2011-14?

Ein Auswertung von Regie, Drehbuch und Hauptcast.

Es ist Montag. Diejenigen die an Einschaltquoten glauben sprechen über die Zahlen des Vorabends und da spielt wie immer der wöchentliche TATORT eine große Rolle.
In letzter Zeit haben viele TATORTE versucht aus dem alten Rahmen auszubrechen, sie taten das beispielsweise durch Action und besonders viele Leichen. Das Muster der alten Geschlechterklischees bleibt meist weiter bestehen, wie drei Kommentare zur gestrigen Kölner Folge FREDDY TANZT (Regie Andreas Kleinert, Drehbuch Jürgen Werner), die ich noch nicht gesehen hab, zeigten:

habicht @habichthorn
Kind „Ich bin keine Maus.“ Kommissar „Dann bist du wohl eine Prinzessin.“ – Super Frauenbild mal wieder. #tatort

habicht @habichthorn
Ich hoffe, der Kommissar bekommt von dem Kind vors Schienbein getreten, wenn er sie nochmal Prinzessin nennt. #tatort

Sue Reindke @HappySchnitzel
Die neue Assistentin soll alles aufräumen und Kaffee kochen und irgendwie waren die Klischees auch mal witziger. #Tatort

Häufig wird gesagt „Regisseur/in X erzählt in dem Film Y die Geschichte…“. Nur – und das gilt besonders für das Fernsehen, denn da sind Autor/innenfilme wesentlich seltener als im Kino – erzählt wird in der Regel die Geschichte, die im Drehbuch steht. Um es klar zu sagen: es ist nicht einfach, aus einem richtig guten Drehbuch einen total schlechten Film zu machen, und ebenso umgekehrt: wenn das Drehbuch in der Retrorealität spielt und die Handlung und Dialoge antiquierte Geschlechterstereotype zelebrieren, dann wird es für die Regie (und die Schauspieler/innen) schwer, gegenzusteuern.
Ich hoffe sehr, dass der VDD, der deutsche Drehbuchverband (der leider immer noch Verband Deutscher Drehbuchautoren heißt) demnächst eine Studie, ähnlich dem 1. Diversitätsbericht Regie des BVR, in Auftrag gibt die beleuchtet, wer die Geschichten im deutschen Fernsehen und Film schreibt. Alle meine Auswertungen haben bislang ergeben, dass Drehbuchautorinnen bei der Auftragsvergabe unterrepräsentiert sind. Ihr Anteil liegt deutlich unter 50 % (dem Frauenanteil in der Gesellschaft), aber auch deutlich unter den 41,7 % Frauenanteil im Verband und 36,9 % in der Crew United Datenbank.

Zwei Grafiken gibt es heute:
1. den Frauenanteil für Regie und Drehbuch bei den erstausgestrahlten Tatorten 2011 bis 2014 – Regisseurinnen in den vier Jahren durchschnittlich unter 10 %, Drehbuchautorinnen im 4-Jahres-Durchschnitt unter 20 %.
und 2. die Frauen- und Männeranteile im Hauptcast im gleichen Zeitraum. ,Wie immer’ sind die Frauenrollen in der Minderheit. Wie weit sie retroreal klischeehaft geschrieben sind lässt sich nicht so leicht auswerten. Das ist ein Thema für einen anderen Tag.

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