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Gedanken einer Schauspielerin

Und wie ist das mit Kino? – Let’s look at movies

English Version follows German.

Kinofilme sind etwas anderes als Fernsehfilme oder -serien. Um in dieser Kategorie einen ersten Einblick in Bezug auf das Rollenverhältnis von Schauspielerinnen und Schauspielern zu gewinnen werde ich heute zwei Wettbewerbe betrachten: Den Wettbewerb der Berlinale und den Deutschen Filmpreis, konkreter: die Nominierungen in der Rubrik „programmfüllender Spielfilm“.
Gerade läuft die 63. Berlinale (LINK), das ist eine schöne Zeit zum Filme gucken und Menschen aus der Branche wieder treffen oder neu kennen lernen. Außerdem ist es meistens kalt, ich mag ja Schnee, nur lieber nicht gleichzeitig mit einem Filmfestival, aber das ist ein anderes Thema.
Die diesjährige Wettbewerbsjury, das wurde fast überall erwähnt, weist eine Frauenmehrheit auf, 4 Frauen gegenüber 3 Männern, was erfreulich ist aber leider gleichzeitig eher selten für ein internationales A-Festival.
Und wenn wir den Wettbewerb betrachten, da ist alles wie immer,  16 Filme wurden von Regisseuren inszeniert, nur 3 von Regisseurinnen, auch die Mehrheit der Drehbücher wurde von Männern geschrieben, wie die nachfolgende Tabelle zeigt, dazu zeigt die linke Grafik die Verteilung der weiblichen und männlichen Hauptrollen, insgesamt sind dies 32 und 43, entsprechend ein Verhältnis von 1 zu 1,3. Auch hier zeigt sich sich ein leichtes Männerübergewicht, interessant finde ich aber, dass die Filme mit einer weiblichen Hauptrollen-Mehrheit nicht von den Regisseurinnen inszeniert wurden, auch die Bücher stammen von Autoren. Zufall oder Anlass für Optimismus, nämlich dass auch Regisseure / Drehbuchautoren anfangen, mehr Geschichten von Frauen zu erzählen?
Datengrundlage sind die Hauptrollen, wie sie in den Filmbeschreibungen auf der Seite
BERLINALE WETTBEWERB 2013  aufgeführt sind.Berlinale13

Als zweites betrachten wir jetzt noch eine Auswahl deutscher Kinoproduktionen: die Nominierungen zum Deutschen Filmpreis der letzten 3 Jahre, 2010 bis 2012.  Der Datenvergleich ist hier etwas ungenauer, denn ich habe keine einheitlichen Angaben gefunden.  Auf der Webseite des Deutschen Filmpreises bei der Deutschen Filmakademie (LINK) sind zwar jeweils die Nominierungen erfasst, ihre Produzent/innen und die Regie, aber nicht der Cast. Deshalb bilden die bei wikipedia für die Filme angegebenen Besetzungslisten die Grundlage der Auswertung. Das kann ungenau sein, denn je nach dem, wer die Besetzung eingegeben hat, kann es zu unterschiedlich ausführlichen Auflistungen kommen. Aber als Tendenz mag dies erst einmal genügen.
4 Regisseurinnen und 14 Regisseure sowie 7 Drehbuchautorinnen und 19 Drehbuchautoren waren an diesen 18 Filmen beteiligt.
Die insgesamt
96 weibliche Rollen und 161 männlichen Rollen stehen im Verhältnis von 1 zu 1,7. Leider habe ich da noch keine Zahlen nur für die Hauptrollen, ich werde versuchen, das noch zu ergänzen.
In jedem Jahr gab es einen oder mehrere „Männerfilme“. 2011 beispielsweise „Der ganz große Traum“ (2011), in dem es um den Beginn von Männerfußball in Deutschland Ende des 19. Jahrhunderts ging. Ein Lehrer und seine fußballspielenden Schüler auf einer reinen Jungenschule standen im Mittelpunkt, da ergibt sich die Rollenverteilung von alleine.
Filmpreis_NomVor zwei Wochen hatte ich über Theaterklassiker gebloggt – LINK– bei zwei Filmen, die in historischen Zeiten spielen, gibt es ein ähnliches Männerrollenübergewicht: „Anonymous“ (2012),  ein Thriller, der im Großbritannien zur Ende der Regentschaft von Elisabeth I spielt, d.h. um 1600, und nebenbei die Theorie einer altenativen Urheberschaft an  Shakespeare’s Werken aufgreift, und „Goethe!“ (2011), der 1772 spielt und die Begegnung von Goethe und Charlotte Buff erzählt, welche wiederum zur Vorlage für “ Die Leiden des jungen Werther“  wurde.
Filme mit einem deutlichen Frauenrollenübergewicht gibt es nicht, auch nicht etwa in dem Film „Wüstenblume“ (2010), der die Geschichte der Somalierin Waris Dirie erzählt, die als 13-jährige vor Zwangsheirat floh und später zu einem Topmodel wurde.

Nochmal: das sind jetzt nur erste Momentaufnahmen, der Vergleich von Filmen in einer Gruppe, so wie ich letzte Woche die Tatortfolgen 2012 verglich (LINK). Hier die Spielfilme eines Jahrgangs, die für den Filmpreis nominiert waren. Der quantitative Vergleich der Rollenverteilung sagt aber noch gar nichts über die Qualität, den Umfang und die Bedeutung der jeweiligen Rollen aus, und berücksichtigt auch keine Altersverteilung und anderes mehr. Es ist nur ein Anfang, weiteres wird folgen.

English Version
Let’s look at movies

 Cinema productions obviously are different from TV movies or drama series. To get a first impression let’s have a look at two competitons: the Berlinale – Berlin International Film Festival and the German Film Awards, specifically the nominations for best feature film.
At the moment here in Berlin it is the time for the lovely Berlinale, always a good opportunity to watch great movies and meet colleagues or make new contacts. Also, this is usually still that time of year when we have nice snow in Berlin, but that is another matter.
This year’s jury – much talked about – comprises four women and three men, which is unfortunately unusual for an internationa A-festival.
What is quite the usual thing though is that of the 19 films in the competition, 16 were directed by a man, only three by a woman. Also the majority of scripts were written by men. This you can see in the first figure, the table on the right side gives the film titles, directors, scriptwriters and leading roles, and the image on the left gives the distribution of those leading roles.  32 actresses and 43 actors – that’s a ratio of 1 to 1,3 – played in the 19 films. What I find quite interesting is the fact that the films with a larger majority of female leading roles weren’t directed or written by women. A mere coincidence or the hopeful sign that men are starting to tell stories of women?
(the database for this evaluation is derived from the website for the
BERLINALE COMPETITION 2013.)
Berlinale13Now looking at the German cinema let’s take the nominations for the German Film Awards (feature films) of the last three years, 2010 to 2012. Methodologically there was a slight problem since the website of the German Film Awards (LINK) only lists the films and their producers and directors, but not the (leading) cast, which would have made it a bit more comparable than taking the casts from the wikipedia-articles on the films, which of course will have been written by different authors in whatever way they chose. But again, it is a start. And hopefully I can add a comparison of just the leading parts at some later point.

So what do we have? 96 female roles versus 161 male roles, that is a ratio of 1 to 1,7. A total of 4 female and 14 male directors, and 7 female and 19 male writers were involved in the 18 nominations.
Filmpreis_NomEvery year we have one or more „men films“. In 2011 that was „Der ganz große Traum“ („The ultimate big dream“), a film about the origins of men’s football in Germany at the end of the 19th century, telling the story of a teacher and his pupils in a boys‘ school, so quite naturally we would expect a male role majority.
Two weeks ago I blogged on classical plays in theatre – LINK – and there is a similar phenomenon with historical films, a very strong male role dominance. Two examples: „Anonymous“ (2012), a thriller set in the last years of the reign of Elzabeth I around 1600 and picking up on a theory of an alternative creator of Shakespeare’s writings, and „Goethe!“ (2011), dealing with an episode in the life of Johann Wolfgang von Goethe in the summer of 1772, when he met Charlotte Buff, an encounter, that later led to his novel „Die Leiden des jungen Werther“ („The Sorrows of Young Werther“).
On the other hand, there are no films with a clear majority of female characters. Taking the woman-centered film
„Wüstenblume“ („Desert Flower“, 2010), that tells the story of Somali Waris Dirie, who fled from a forced marriage at the age of 13 and later became a top model. 5 female and 4 male characters in this cast.
Once again, theses are just some vague noticable trends, a start to gathering data and statistics, and a comparison of films within a certain context i.e. the nominations of a given year, just like the comparison of episodes in a TV-series – Tatort / Crime Scene – that I undertook two weeks ago (LINK). Nothing regarding the quality or importance of characters can be deduced from these figures, obviously nothing on age distribution etc. But these will be topics to be looked into as well in the near future.