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Gedanken einer Schauspielerin

Die Sesamstraße wird 40

Ja, die Sesamstraße wurde 40, also die deutsche Fassung dieser Kindersendung. Das ist natürlich sehr cool. Die meisten von uns kennen sie oder das us-amerikanische Original (Sesame Street), viele von uns sind mit der Sendung und den dazu gehörigen Zeitschriften, Malbüchern, Puppen, CD und mehr groß geworden. Hat das Spuren hinterlassen, unsere TV-Erwartungen geprägt und uns sonst wie beeinflusst? Einige haben vielleicht die Lache von Ernie übernommen, manche befolgen ihr Leben lang den Leitsatz „wer nicht fragt bleibt dumm°“und wieder andere finden es normal und naturgegeben, dass das TV Männersache ist. Warum? Weil die Sesamstraße männlich auftritt. Weibliche Figuren, Tiere, Monster, Puppen, die kommen eher weniger vor. Ein Blick auf die Protagonist/innen der letzten Jahre bestätigt diesen traurigen Trend: Ernie, Bert, Grobi, Oscar, Bibo, Klein-Bibo, Krümelmonster, Kermit, Schlemihl, Professor Hastig, Graf Zahl, Lulatsch, Mumpitz, Robert, Samson, Herr von Bödefeld, Rumpel, stehen Tiffy, Susanne Klickerklacker, Finchen gegenüber. Noch drastischer ist das folgende „Gruppenbild mit Schnecke“, das auf der Sesamstraße-Webseite zum 40. Geburtstag veröffentlicht wurde (LINK):sesamstrasse_1Mir ist das als Kind damals gar nicht so aufgefallen, es gab ja auch immer noch die Sendung mit der Maus und Miss Piggy in der Muppet Show, aber es ist schon eine erstaunliche Sache. In diesem Zusammenhang fällt mir eine traurige Geschichte ein: Ein toller Regisseur, der u.a. Tier- und Naturfilme dreht, wollte mich einmal als Sprecherin für einen Film für Kinder über Biber haben. (Ich liebe Biber! Als Kind hatte ich das Bunter Kinder Kosmos Buch „Am Fluss und noch was..“ wo ein schöner Biber auf dem Titelbild war und es innen drin tolle Beschreibungen von Bibern und ihren Dämmen gab, und Bilder von Biberkindern, die auf dem Plattschwanz ihrer Bibermütter spazieren gefahren wurden. Leider wurden die Sprachaufnahmen dann doch nicht mit mir gemacht. Aus der zuständigen ZDF-Redaktion hieß es, dass der Film doch auch ein bisschen wissenscharftlich wäre, und das würden Kinder einer weiblichen Stimme nicht abnehmen. Der Regisseur und auch ich sahen das anders, aber da ließ sich nichts machen. Sehr schade, aber der Biberfilm ist ganz toll, auch mit einer Männerstimme.

Waren diese Vorurteile und die Sesamstraßenrealität eine Art Gehirnwäsche für Entscheider/innen, die vielleicht heute auch noch bei  Kindersendungen (und nicht nur da!) eher auf Männer, männliche Figuren und männliche Stimmen zurückgreifen? Ich weiß es nicht. Aber wir müssen ja mal anfangen, nach den Ursachen zu suchen, um die Situation verändern zu können.