Heute geht es um die Londoner David Bowie Ausstellung in Berlin, ein Interview mit ihm aus dem Jahr 2000 und eine Fotostory von meinem Ausstellungsbesuch.
David Bowie ist Linkshänder
Vom 20. Mai bis zum 24. August 2014 war die internationale Ausstellung David Bowie im Martin-Gropius-Bau Berlin zu sehen. Sie „zeichnet die Karriere des Ausnahmekünstlers nach, erkundet seinen kreativen Schöpfungsprozess als musikalischer Performer und Kultur-Ikone und veranschaulicht seine facettenreichen Stilveränderungen und Neuerfindungen. Den progressiven Geist Bowies spiegelt die Ausstellung durch eine umfassende, audiovisuelle Inszenierung wider, die Bild und Ton zu einem besonderen Erlebnis verschmelzen lässt.“ (Zitat Webseite der Ausstellung David Bowie in Berlin)
David Bowie ist auch ein Sammler und sorgfältiger Chronist, deshalb konnten 60 seiner Originalbühnenkostüme ausgestellt werden ebenso wie Tagebuchseiten, Briefwechsel (u.a. mit Marlene Dietrich), Plakate, Bühnen- und Kostümskizzen, Gemälde und und und mehr mehr mehr.
Die Ausstellung wurde zuerst – 23.3. bis 11. August 2013 – in London, im Victoria and Albert Museum („The world’s greatest museum of art and design“) kuratiert und gezeigt:
„Dem Victoria und Albert Museum wurde ein in dieser Form noch nie dagewesener Zugang zum David Bowie Archiv gestatt um die erste internationale Retrospektive über die außergewöhnliche Karriere von David Bowie zu kuratieren. Mehr als 300 Gegenstände, einschließlich handschriftlicher Originalsongtexte, Originalkostüme, Mode, Fotografien, Filme, Videos, Bühnenbilder und Instrumente von David Bowie werden gezeigt.“ (Zitat Webseite der Ausstellung „David Bowie is“)
In Berlin, der zweiten Station, ist diese „touring exhibition“, noch größer (und toller!) als in London, denn es gibt zusätzliche Räume – in denen u.a. Bowies deutsche Fassung seines Songs HEROES lief – über Bowie’s Zeit in Berlin 1976 bis 1978, in der die drei Alben LOW, HEROES und LODGER entstanden und er die Hauptrolle Paul in dem Film JUST A GIGOLO (deutsch: SCHÖNER GIGOLO, ARMER GIGOLO) spielte, der ersten Regiearbeit von David Hemmings und dem letzten Film von Marlene Dietrich. Kostümbildnerin war Ingrid Zoré (heute: Präsidentin des Bundesvereinigung der Filmschaffenden), die ich letztes Jahr persönlich kennen lernte, die mir aber leider nicht Bowie’s Telefonnummer gab.
Warum in der Londoner Ausstellung die Berlinzeit ausgelassen wurde ist rätselhaft. Letztes Jahr am 8. Januar, Bowies 66. Geburtstag, erschien auf seiner Webseite der Song WHERE ARE WE NOW?, seine erste musikalische Veröffentlichung seit zehn Jahren, und worum geht es u.a. im Text und dem dazu gehörigen Video von Tony Oursler? Unter anderem um Berlin.
Damit das jetzt nicht nach einseitiger Berlinausstellungslobhudelei klingt, hier eine kleine Kritik: Nein, es kann nicht von einem barrierefreien Zugang zur Ausstellung gesprochen werden, wenn es zwar eine Rampe bzw. einen Fahrstuhl für Rollstuhlfahrer/innen gibt, aber gleichzeitig die Schrifttafeln zu den Exponaten dunkelgrau mit hellgrauer Schrift, und die Räume (halb-)abgedunkelt sind.
David Bowie ist ein sehr vielseitiger Künstler, unter anderem als Musiker, Komponist, Texter, Schauspieler, Pantomime, Maler, Bühnen- und Kostümbildner und Avangardist, ein humorvoller, kreativer, philosophischer, politischer, antigeschlechterstereotypischer Mensch. Ich kann allen, die die Austellung verpasst haben nur empfehlen, die Webseite zur Ausstellung zu besuchen und natürlich den ausführlichen Ausstellungskatalog (und alle Platten und Videos von und mit Bowie) zu kaufen.
Bevor es gleich meine Fotostory zum Ausstellungsbesuch gibt möchte ich noch auf zwei ältere Interviews hinweisen:
Das erste führte Bowies zweite Frau Iman im Auftrag der Zeitschrift Bust im Herbst 2000 mit ihm, hier ist es nachzulesen. Darin geht es u.a. um Bowie’s Haltung zum Feminismus, Geschlechterstereotype, um den Song BOYS KEEP SWINGING mit der ironischen Textzeile „Nothing stands in your way When you’re a boy“ um Machismo und Beziehungen.
Auf die Frage „Was bedeutet das Wort ,Feminismus’ für Dich?“ antwortete Bowie u.a.: „Allgemein gesagt finde ich es extrem anstößig mitzubekommen, wenn Frauen wie Besitz oder Anhängsel behandelt werden. Ich kann mir keine Situation vorstellen die eine Frau nicht genauso gut oder sogar besser bewältigen könnte als ein Mann. Na gut, vielleicht wäre eine Situation in der nur grobe Kraft erforderlich ist, die Ausnahme, aber da gilt dann auch wieder, dass eine Frau klug genug ist, für diese Sache die richtige Person zu organisieren, die in diesem Einzelfall dann eben vermutlich ein Mann wäre.“
Das zweite ist ein Backstage-Interview, bzw. ein Ausschnitt daraus: David Bowie äußert sich zu seinem Gastauftritt in Ricky Gervais Sitcom EXTRAS 2006. Hier das Video (1:45 min).
Ich bin seit Jahrzehnten Bowie-Fan (hab einige seiner Platten noch aus Vinyl), und lebe seit einigen Jahren in Berlin gar nicht mal so weit weg vom Martin Gropius Bau, also war klar, dass ich in die Ausstellung gehen würde. Nach einer langen Phase der Vorfreude war es letzten Donnerstag, am viertletzten Tag der drei Monate, endlich soweit:
- a) 21. August, 12:53 Uhr. Ich stelle ich mich an. Wir sind hier zwar nicht in Japan aber das mit der Schlange klappt trotzdem ganz gut. Es heißt, wir müssen mit 1 ½ Stunden Wartezeit rechnen.
- b) 1 Stunde 12 Minuten sind um, wir haben die erste Gebäudeecke geschafft. In der Ferne ist der Eingang des Martin Gropius Baus zu erkennen. Ich habe bereits den Text für meine nächste Fernsehrolle grob gelernt, jetzt lese ich Zeitung. Das Wetter ist gut und die Stimmung ebenso.
- c) Tadaa! Oben auf der Treppe angekommen. Es dürfen immer genauso viele rein wie rausgekommen sind. Und das heißt: die Frau vor mir ist drin, ich warte noch eine Runde am blauen Band. Hier kriegen wir Bons, die wir an der Kasse vorzeigen sollen.
- d) Ich stehe an der Kasse! Hier gibt es auch eine Schlange, aber das ist nur Schlängelchen, noch nicht mal 10 Leute. Das steh ich auf einem Bein.
- e) Und hier ist meine Eintrittskarte. Ich gehe in die David Bowie Ausstellung!
- f) Die Ausstellung ist im 1. Stock. Da ist bestimmt auch die Garderobe (und die Toiletten), ich hab jedenfalls unten keine Hinweisschilder gesehen. Oben heißt es auch wieder Anstehen. Da ist der Eingang zur Ausstellung, direkt über dem Eingang zum Gebäude. Ich hab schon einen weiten Weg geschafft!
- g) Jede Schlange ist anders. Diese ist ein Halbkreis.
- h) Die Audioguides! „Sie können mit + und + die Lautstärke regeln, alles andere läuft von alleine, durch Auslöser in den Räumen“. Toll! Gleich geht’s los!
- i) Der Taschenmesser. Meine ist zu groß. Die Garderobe ist doch nicht oben, sondern unten im Keller. Da gab es auch Hinweisschilder, aber die fielen nicht groß auf (mir jedenfalls nicht). Das heißt ich muss jetzt noch mal runter, renn renn renn, immer 2 Stufen auf einmal, Tasche abgeben, und genauso wieder hoch, ich bin gut in Form!
- j) Die Schlange ist zum Glück langsam, und die netten Leute vor mir haben meinen Platz freigehalten. Fein. Nur noch eine Wand trennt mich von der Ausstellung!
- k) Hier wird meine Eintrittskarte kontrolliert…
- l) … und nach 2 Stunden 27 Minuten ist es so weit! JAAA, die Ausstellung ist das Warten wert, sie ist ganz ganz toll
- m) Das ist der Katalog. Er ist richtig dick! Den gibt es in deutscher und englischer Fassung für ca. 30 €. Und ab demnächst kann er in gebundener Fassung für ca. 45 € über den Buchhandel bestellt werden. (Als Trost für alle, die die Ausstellung verpasst haben.)
- n) Den ganzen Abend und die halbe Nacht habe ich dann Bowie Platten gehört.
Pingback: Das Besetzungstool Neropa – A Casting Tool called Neropa | SchspIN