SchspIN

Gedanken einer Schauspielerin

Früher war mehr Schnee

„Ist so kalt der Winter…“

Vor ein paar Jahren, als ich nach Berlin zog, hatte es im Winter noch richtig geschneit. Verkehrschaosmäßig geschneit. Und eine Kälte war das, so kalt, dass Hände trotz Handschuhen gefühllos wurden und die Augen tränten. Das gab es hier schon lange nicht mehr. Schade eigentlich. Ich mag Schnee.
Gleichzeitig ist es aber natürlich immer noch kalt. Alle, die eine Weile an der Bushaltestelle warten müssen, die an einer Straßenecke mit nem Freund quatschen, die auf einem Weihnachtsmarkt im Freien arbeiten wissen das.

Und deshalb: den ganzen Tag draußen sein ist nicht warm, egal wie mild der Winter. Auf der Straße leben ist nicht warm. Auch in einem U-Bahnhof übernachten ist nicht warm. Aber das müssen sehr viele.
In Berlin gibt es zwischen 5.000 und 10.000 Obdachlose, in Hamburg 2.000, fast 8.000 in München und fast 3.000 in Köln, – so lauten geschätzte Werte. Ein Viertel von ihnen sind Frauen. Deutschlandweit gibt es mehr als 500.000 Wohnungslose, dazu kommen noch einmal ungefähr genauso viele geflüchtete Menschen in Gemeinschaftsunterkünften (nach BAG Wohnungslosenhilfe).

Und deshalb #seidnett:

Bitte helft! Steckt Euer Kleingeld nicht ins Portemonnaie sondern in die Jackentasche, in die Manteltasche, dort, wo Ihr leicht drankommt. Sammelt es zu Hause, und nehmt immer wenn Ihr weggeht eine Handvoll mit, so dass Ihr nicht lange in Rucksack oder Handtasche suchen müsst.

Das nicht-silberne Kleingeld sammeln

Gebt es den obdachlosen Menschen, die Euch begegnen. Denen, die Straßenzeitungen verkaufen, denen, die durch die U-Bahn wanken und betteln, denen, die am Straßenrand auf dem Boden sitzen. Macht das doch einfach den Winter über. Ein bisschen Kleingeld jeden Tag können wir alle entbehren. Denkt nicht „Die bekommen schon so viel“, denn das hält Euch auch nicht ab, Geld für ein überteuertes Markenprodukt auszugeben („Der Konzern hat ja sowieso schon so viel“?). Warum nicht den Ärmsten, Wohnungslosen einen eventuellen Überschuss gönnen? Dann haben sie vielleicht einen Puffer für die nächste Übernachtung. „Die kaufen davon ja nur Alkohol“. Wisst Ihr das? Und selbst wenn, tja, wenn sie das nun wollen? Schreibt Euch jemand vor, was Ihr mit dem Geld, das Ihr geschenkt bekommt oder verdient, nicht kaufen dürft?
Wenn Euch das aber beschäftigt und nicht angenehm ist, dann schenkt kein Geld sondern Dinge. Oder macht beides.

Wenn Ihr zu Weihnachten einen neuen Rucksack bekommt, nehmt Euren alten, der höchstwahrscheinlich noch brauchbar ist, und bietet ihn einem obdachlosen Menschen an. Oder gebt ihn bei einer Bahnhofsmission ab.
Wenn Ihr zu Weihnachten neue Handschuhe bekommt, einen warmen Schal oder dicke Socken, guckt mal, ob Ihr nicht noch gute alte Schals, Handschuhe oder Socken habt, die Ihr einem obdachlosen Menschen anbieten könnt. Oder gebt sie bei einer Notunterkunft ab.
Wenn Ihr zu Weihnachten einen neuen Schlafsack und eine Isomatte bekommt, nehmt die alten, die wahrscheinlich noch brauchbar sind, und bietet sie bedürftigen Menschen an, die auf der Straße leben. Oder gebt sie bei einer Stadtmission oder ab.
Ruft eine Obdachloseninitiative in Eurer Stadt an und fragt, was sie gebrauchen können.

Macht ,Euren Obdachlosen‘ ein Weihnachtsgeschenk (ich kann mir vorstellen, dass die meisten von uns ein paar im Viertel immer wieder sehen). Kauft eine Packung Kekse oder Lebkuchen, ein paar Schokonikolausi, leckere Schokolade oder Studentenfutter, wickelt es schön ein in Weihnachtspapier oder auch nicht, und schenkt es den Obdachlosen, die Euch beim Weihnachtsspaziergang oder last-minute-Weihnachtseinkauf über den Weg laufen.
Und vor allem, guckt nicht weg. Selbst wenn Ihr kein Geld gebt, schenkt den Menschen wenigstens ein Lächeln und ein paar Worte. Dieses bettelnde Menschen wie Luft Behandeln in der U-Bahn finde ich immer besonders schlimm.

Kekse und Schokolade, Bio und Fairtrade. Und Prinzess-Printen.

Ruft Hilfe…

… wenn Ihr draußen schlafende Menschen seht und nicht sicher seid, wie es ihnen geht. Kältebusse bringen (je nach Stadt) Menschen die das wollen in Notunterkünfte, oder / und sie haben heiße Getränke, Essen, warme Kleidung und Decken o.ä. an Bord. Das ist in jeder Stadt etwas unterschiedlich, also guckt auf die Webseiten bzw. erkundigt Euch. Hier einige Angebote:
Kältebus der Berliner Stadtmission,  (1.11. – 31.3.) Tel: 0178 – 523 58 38
Wärmebus der Berliner Kältehilfe, (1.4. – 31.10.) Tel: 0170 – 910 00 42
Mitternachtsbus Hamburg der Diakonie, Tel: 040 – 401 78 215
Kältebus Frankfurt am Main, Tel: 069 – 43 14 14
Kältebus Köln, Tel: 0176 – 240 71 312
SozialBus der Treberhilfe Dresden, Tel: 0351 – 80 36 581
Gutenachtbus Düsseldorf, Tel: 01578 – 350 51 52
Kältebus München, Tel: 089 – 2000 459 30

Bei Lebensgefahr oder akuten Notfällen ruft den Notruf 112 an.

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Vorgestern hatte ich mir eine warme Mütze gekauft. Sie war sehr schön, nur leider passte sie doch nicht richtig, machte mir einen Eierkopf und war ein bisschen zu lang, ging bis fast in die Augen. Sie war aber wirklich sehr schön, aus dunkelgrauer Wolle gestrickt, mit coolem weißen Schneeflockenmuster und innen noch mit einem Futterstoff, damit die Wolle nicht am Kopf kratzt. Und warm. Ich war abends unterwegs und spiegelte mich in jedem Schaufenster. Der Eierkopf ging leider nicht weg. An meiner U-Bahnhaltestelle traf ich dann auf eine Frau, die ich öfter sehe, die auf der Straße lebt und ab und zu eine Obdachlosenzeitung verkauft. Sie ist total dünn, war einigermaßen warm angezogen, hatte aber keine Mütze auf (hab mal gehört, dass der Körper die meiste Wärme über den Kopf abgibt). Ich bot ihr spontan meine Mütze an, sie wäre ganz neu aber würde mir leider überhaupt nicht stehen aber ihr doch vielleicht. Sie witzelte, ob ich fände, dass bei ihr das Aussehen egal sei, dann verglichen wir erst mal unsere Kopfformen und sie probierte die Mütze an – kein Eierkopf! Sie passte perfekt. Dann erzählte sie, dass sie vor Jahren mal eine Mütze bekommen hatte, in irgendeiner Obdachloseneinrichtung, gebraucht und angeblich gut gewaschen, aber dann hätte sie von der Mütze Läuse bekommen, das wollte sie nicht noch einmal riskieren. Und ich hatte natürlich sofort ein schlechtes Gewissen, weil wir seit zwei Wochen kein warmes Wasser im Haus hatten, und das mit dem Haare waschen so eine Sache ist. Jedenfalls, sie hat dann nach kurzem Prüfen die Mütze angenommen, die auch die Ohren wärmt und ihr sogar richtig gut steht, viel besser als mir. Cool!

Frohe Weihnachten – und lasst uns alle möglichst gut durch den Winter kommen!

Ganz frisch erschienen, der Weihnachtssong CHRISTMAS IN BERLIN der Australierin Justine Electra, die seit einigen Jahren hier lebt:

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