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Gedanken einer Schauspielerin

FilmMittwoch im Ersten: „Nur Fiktion“? – Wednesday TV Films: „Only fictional“?

English Version follows German.

Die ARD MittwochsFilme 2011 bis 2014

Heute geht es um die Besetzung der ARD MittwochsFilme der letzten vier Jahre, 2011 bis 2014, um die quantitative Verteilung der Frauen- und Männerrollen und die Alterskurve der Schauspieler*innen und um einen Vorschlag für besseres Monitoring.
Der Text enthält sechs Abbildungen und eine Tabelle.

Einführung
Datengrundlage

Frauen- und Männerrollen 2011 bis 2014
Männerlastige Filme
Frauenlastige Filme
Altersverteilung Schauspieler*innen 2014
Auswertung und Diskussion
Ausblick und die Frage des Pflichtmonitoring

Einführung

Nachdem ich bereits mehrfach die ARD-Tatorte und die ZDF-Fernsehfilme der Woche vor und hinter der Kamera analysiert hatte soll es heute um den FilmMittwoch im Ersten gehen. Auf dem 20.15 Uhr Sendeplatz werden Premieren und Wiederholungen gezeigt, ich werte die 116 erstausgestrahlten Filme aus, das waren 2011 17 Filme, 2012 und 2013 je 34 Filme und 2014 insgesamt 32 Filme.

Datengrundlage

Die Filmlisten stellte mir die ARD zur Verfügung mit den Angaben Wochentag, Sendedatum und -zeit, Titel, Erstaustrahlung oderWiederholung, und für die Wiederholungen das Erstsendedatum. Bearbeitet habe ich nur die Premieren.
Die Besetzung ist leider nicht mehr auf der ARD-Webseite zu finden. Auf der Alle Filme-Unterseite im MittwochsFilm-Bereich stehen aktuell drei Titel, die Filme vom 23. und 30.12.15 und dem 6.1.16, und im FilmMittwoch-Archiv gibt es insgesamt acht Filme (von 2006 bis 2013). Also habe ich als Quelle für die Besetzung diesmal ausschließlich auf die Datenbank von crew united zurückgegriffen. Wobei es da auch immer ein bisschen zufällig ist, wie ausführlich der Cast, insbesondere, wie viele Schauspieler*innen der kleineren Rollen eingetragen wurden. Insgesamt wurden 668 weibliche und 1013 männliche Rollen berücksichtigt, das sind durchschnittlich 14,5 Rollen pro Film.

Frauen- und Männerrollen 2011 bis 2014

2011 gab es nur 17 Premieren, für diese Filme ist der Frauenanteil unter den Rollen am höchsten, allerdings auch klar unter 50 %.  Auch in den anderen Jahren gab es deutlich mehr Männerrollen, 2013 und 2014 betrug deren Anteil mehr als 60 %.

16 neue Filme 2011, je 34 neue Filme 2012 und 2013, 32 neue Filme 2014

16 neue Filme 2011, je 34 neue Filme 2012 und 2013, 32 neue Filme 2014

Die nächste Abbildung zeigt den Frauen- und Männeranteil unter den Drehbuchautor*innen der erstausgestrahlten MittwochsFilme in den Jahren 2011 bis 2014. Die Prozentzahl ist bezogen auf die Gesamtheit der Autor*innen in einem Jahr, egal ob eine Person allein schrieb oder im Team mit anderen.

ARD_MiFi_6Die Autorinnen sind – wie bereits im Juni auch für andere Filmgruppen festgestellt (Männer schreiben Drehbücher) – deutlich unterrepräsentiert und geringer vertreten als ihrem Anteil im Drehbuchverband oder im Drehbuchbereich der crew united Datenbank entspräche. Im Jahr 2011 lag ihr Anteil sogar unter 20 % für die 17 erstaufgeführten Filme.

Männerlastige Filme

Von den insgesamt 116 Filmen haben ein gutes Drittel (40) mindestens doppelt so viele Männer- wie Frauenrollen:

Mehr als ein Drittel aller Filme hatten mindestens doppelt so viele Männer- wie Frauenrollen.

Mehr als ein Drittel aller Filme hatten mindestens doppelt so viele Männer- wie Frauenrollen.

Bei 24 Filmen ist der Faktor 3 oder mehr, und bei fünf Filmen ist das Männerübergewicht 4 bis fast 6-fach:

4 zu 1: BOXHAGENER PLATZ. Regie Matti Geschonneck, Drehbuch Torsten Schulz
4,3 zu 1: ALLES FÜR MEINEN VATER. R. Dror Zahavi, D. Ido Dror, Dror Zahavi*
5 zu 1: DIE ROUTE. R Florian Froschmayer, D Tobias Stille
5,5 zu 1: AUSLANDSEINSATZ. R. Til Endemann, D. Holger Karsten Schmidt
5,8 zu 1: LANDAUER. R. Hans Steinbichler, D. Dirk Kämper

*Diese Angabe findet sich so bei crew united und filmportal. Bei IMDB und Wik ipedia werden Ido Dror und Jonatan Dror als Autoren genannt. Bei crew united wurde der Film von der Produktionsfirma eingetragen. Die offizielle Filmwebseite bleibt schwarz.

Frauenlastige Filme

Es gibt genau vier Filme (= 3,4 %), die im Cast mindestens doppelt so viele Frauen wie Männer haben: IM FALSCHEN LEBEN (Regie Christiane Balthasar), GELIEBTES KIND (R. Sylke Enders), STILLE (R. Xaver Schwarzenberger) und KEINE ZEIT FÜR TRÄUME (Christine Hartmann). Die Drehbücher schrieben Regine Bielefeldt (2), Dieter Bongartz und Christian Jeltsch. Für keinen Film ist der Frauenrollenübergewichtsfaktor 3 oder mehr, und entsprechend ebenso wenig 4 und mehr.

Nur 4 Filme hatten mindestens doppelt so viele Frauen- wie Männerrollen. Kein Film hatte 3 x so viele oder mehr Frauenrollen.

Altersverteilung Schauspieler*innen 2014

Auf den crew united Besetzungslisten der MittwochsFilme 2014 sind 539 Schauspieler*innen aufgeführt, für 18 konnte ich keine Altersangaben finden. Die übrigen 521 sind in der nächsten Abbildung in 5-Jahres-Gruppen unterteilt. Im Schnitt wurden 16,3 Rollen pro Film ausgewertet.

ARD_MiFi_4 Sowohl die Frauen- als auch die Männerkurven sind nicht ganz glockenförmig, bei beiden gibt es im jüngeren Bereich Einbrüche, die sich in der Bevölkerungskurve nicht finden lassen (Zahlen für 2011 in Von Schauspielerinnen und anderen berufstätigen Frauen). Weitere Auffälligkeiten: die Kurve der Schauspielerinnen hat ihren Scheitelpunkt in der Gruppe 31 bis 35 Jahre, die der Schauspieler zehn Jahre später in der Gruppe 41 bis 45 Jahre, – das ist etwas jünger als die Werte der bisher von mir untersuchten Fernsehfilmgruppen (Alter: ein Bild sagt mehr als 1000 Worte).
Von 16 bis 35 Jahre gibt es in jeder 5-Jahresgruppe mehr Schauspielerinnen als Schauspieler, den größten Abstand gibt es bei den 21 bis 25-Jährigen, da beträgt das Verhältnis von Männer- zu Frauenrollen 1 zu 1,7 – am anderen Ende klafft die Schere am weitesten auseinander in der 46 bis 50-Jahre Gruppe, hier gibt es 4,2 mal so viele Schauspieler wie Schauspielerinnen, und gleichzeitig auf einmal für Schauspielerinnen nur noch fast ein Drittel der Rollen der Klasse unmittelbar davor. Und schließlich: es gab 2014 mehr Rollen für Männer in jeder der fünf Gruppen zwischen 36 und 60 als für Frauen zwischen 31 und 35, dem Spitzenwert in der Alterskurve für Schauspielerinnen.
Etwas ähnliches hatten auch meine Auswertungen der TATORTE 2013 und ZDF Fernsehfilme der Woche 2013 ergeben. Die Männerrollen der MittwochsFilme sind im Vergleich etwas jünger, aber in allen drei Filmgruppen gibt es deutlich mehr Männer- als Frauenrollen über 50, oder genauer gesagt: in allen drei Filmgruppen spielten deutlich mehr Schauspieler als Schauspielerinnen über 50 mit.

3FilmgrCast50+
Neben den älteren Jahrgängen sind auch die zwischen 26 und 35 Jahren interessant. Schauspieler sind hier in den MittwochsFilmen deutlich weniger vertreten, bei den Schauspielerinnen ist es eher umgekehrt.
Die nächste Abbildung zeigt die Autor*innen der 2014er Drehbücher, unterteilt in Einzel und Team und Gender.

ARD_MiFi_5Drehbuch – ein weiterer Bereich, der gründlicher untersucht werden müsste, wer schreibt die Bücher, welche werden in Auftrag gegeben bzw. verfilmt, wie alt sind die Autor*innen, wie sieht die Genderverteilung der Rollen in den ursprünglichen Fassungen aus, verändert sie sich nach der Abnahme durch die Sender, welche Geschichten unter Gendergesichtspunkten werden erzählt, welche nicht und und und.

Auswertung und Diskussion

In Deutschland leben 41,4 Mio. Frauen und 39,8 Mio Männer (Stand 31.12.2014, Quelle Statistisches Bundesamt), aber in diesem Verhältnis tauchen sie im fiktionalen Fernsehprogramm nicht annähernd auf. Ähnlich ist es mit der dargestellten Alterssituation, im Deutschland der Gegenwart gibt es ab Mitte 40 nicht plötzlich markant weniger Frauen als Männer – im Gegenteil, die 46 bis 55-Jährigen sind sowohl bei Männern als auch Frauen die stärksten 5-Jahres-Gruppen.

Es ist überhaupt nicht schlimm, wenn Filme mit mehr Männer- als Frauenrollen gedreht werden oder umgekehrt. Es ist auch nicht schlimm, wenn der Faktor dabei 5 oder 6 ist. Ob SAU NUMMER 4 oder AUSLANDSEINSATZ, es wird vermutlich – oder hoffentlich! – gute Gründe geben, warum in diesen Geschichten 3,3 bzw. 5,5 mal so viele Männer- wie Frauenrollen vorkommen.
Bedenklich wird es nur, wenn es dafür innerhalb einer Gruppe von Filmen in einem Jahr kein Gegengewicht gibt, keinen Ausgleich, keine Filme mit einem Rollenübergewicht des anderen Geschlechts. Denn so werden die Mittwochsfilme zu einem Männerformat. Etwas ähnliches gab es bereits am ARD-Sonntagabend, die Besetzungslisten der TATORTE weisen ebenfalls ein deutliches Männerübergewicht auf. Bleibt noch der Freitagabend, an dem um 20.15 Uhr die ARD-Unterhaltungsfilme laufen (Bezeichnung übernommen aus BVR Diversitätsbericht). Die werde ich ein anderes Mal auswerten.

Diese Unausgewogenheit in den Casts von Filmgruppen  passt nicht zum Auftrag des öffentlich-rechtlichen Fernsehens (§ 11 RStV siehe Fernsehen: der öffentliche Anspruch) dem Publikum wird eine falsche Welt vorgespielt, in der Frauen als Minderheit, oft am Rande des Geschehens und in traditionell-konservativen Rollen vorkommen.
Über die Gründe lässt sich nur spekulieren, zumal solange es keine genauere Auswertung nach Rollengröße bzw. der Anzahl der Drehtage gibt. Fängt das schon beim Pitchen an? Werden Geschichten mit mehr Frauen, besonders mit älteren Frauen abgelehnt? Oder werden diese Rollen von vorneherein weniger geschrieben? Die Drehbuchautor*innen der MittwochsFilme sind mehrheitlich männlich, vielleicht sind sie ebenso mehrheitlich älter. Das könnte möglicherweise erklären, warum sie so viele Männerrollen und so wenige Frauenrollen zwischen 50 und 60 Jahren schreiben. Dazu kommt noch, dass weibliche Rollen jünger besetzt werden (siehe die Beispiele in Von Schauspielerinnen und anderen berufstätigen Frauen).

Was auch immer die Gründe, gut ist das nicht. Den Zuschauerinnen werden zu wenig mögliche Identifikationsfiguren des gleichen Geschlechts geboten, und das gesamte Publikum wird unterschätzt, wenn davon ausgegangen wird, dass es diese Retrorealität will. Gestern las ich einen Artikel im Kölner Stadtanzeiger (Missglückte PR-Aktion: Männerlounge der Deutschen Bahn setzt auf Geschlechtertrennung) in dem die Kommentare von Männern deutlich zeigten, dass auch sie eine Ausgrenzung von Frauen nicht nachvollziehbar finden. Das ist aber ein nur ein sehr loser Vergleich, denn natürlich gibt es Frauenrollen bei ARD und ZDF, auch gute.

Apropos Köln: letzten Monat fand dort ein Symposium der Deutschen Akademie für Fernsehen statt unter dem Motto „Nicht ohne uns“, was laut DAFF-Vorstand Michael Brandner für eine „Kampfansage an die Strukturen“ stand.
Leider wurde der Teil der Strukturen ausgeblendet, der die fiktionalen Inhalte verantwortet. Beim ersten Panel „Weiblich, kreativ, benachteiligt – Frauenquote – nicht nur bei der Regie?“ wurde in der knapp einstündigen Veranstaltung nicht über Inhalte oder das quantitative und qualitative Rollenungleichgewicht gesprochen, es saß auch keine Schauspielerin auf dem Podium. Dabei könnte es einen subtilen Zusammenhang geben zwischen den Männer- und Frauenbildern im fiktionalen Fernsehprogramm und der Sichtweise auf Frauen- und Männeraufgaben in einer Fernsehproduktion und damit der Auftragsvergabe. Im übrigen finde ich, dass die Genderquote nicht nur Thema für die Frauen der Filmbranche ist und sein sollte, insofern ist es etwas bedauerlich, dass neben dem Moderator fünf Frauen auf dem Podium saßen, – das birgt das Risiko, nach Einzelschicksalen zu fragen anstatt über Strukturen zu sprechen und es zu einem Nischenthema zu machen.
Das dritte Panel wiederum war vollständig in Männerhand: Begrüßung, Moderation und Diskussion mit fünf Gesprächsteilnehmern zu „Akademie 3.0 – Die Zukunft des Fernsehens“. Das lässt befürchten, dass der Vorstand der Akademie (bestehend aus 5 Männern und 1 Frau) Frauen noch nicht wirklich auf dem Zettel hat. Oder alternativ, dass Frauen sich nicht für die Zukunft des Fernsehens interessieren oder zu dem Thema nichts beizutragen haben?
Die Videoaufzeichnungen der 3 Symposien können im Blog outtakes.de abgerufen werden.

Das unterschiedliche Rollenangebot für Schauspielerinnen und Schauspieler, für das meine heutige Auswertung ein weiterer Beleg ist, hat auch wirtschaftliche Folgen, denn es bedeutet, dass die 10 bis 15.000 Schauspielerinnen in Deutschland in ihrer beruflichen Karriere per se benachteiligt sind da sie aufgrund ihres Geschlechts potenziell weniger Arbeitsmöglichkeiten haben. Von der wie in anderen Berufsgruppen auch mitunter vorhandenen ungleichen Bezahlung ganz zu schweigen.
Dieser Missstand müsste Gewerkschaften und Berufsverbände auf den Plan rufen, doch da ist noch Luft nach oben. Vielleicht fehlen einfach Frauen an der Spitze der Organisationen, und den Männern an der Spitze noch das Gespür für die Handlungsnotwendigkeit, wie sich jüngst auf einem BFFS-Stammtisch in Berlin zeigte. Der BFFS-Vorstand war zu Gast, um über die eigene Arbeit zu berichten und zu erfahren, wie die Basis so tickt. Eine Reihe von Kolleginnen sprach sich dafür aus, die Situation der Schauspielerinnen in Deutschland auf die Agenda zu setzen, sie beklagten das Fehlen richtiger Frauenfiguren im Fernsehprogramm, das kein Spiegel der Gesellschaft sei. BFFS-Vorsitzender Michael Brandner wies die Kritik brüsk ab mit den Worten „Leute, das ist fiktional, das ist doch nur Fiktion!“ und damit war das Thema erst einmal vom Tisch.
Der Hinweis auf den fiktionalen Charakter fiktionaler Stoffe ist natürlich lustig und löst zwei weitere Hinweise aus: den auf den Rundfunkstaatsvertrag nebst Auftrag der Sender und den auf den Hauptzweck unseres Verbands, nämlich die „Wahrung, Pflege und Förderung der gemeinsamen wirtschaftlichen, sozialen, beruflichen und kulturellen Interessen der in der Bundesrepublik Deutschland tätigen Schauspielerinnen / Schauspieler“. (BFFS-Satzung § 1, 3 a – ich gehe davon aus, dass „gemeinsam“ nicht bedeutet, dass nur Probleme angegangen werden, die Schauspielerinnen UND Schauspieler gleichermaßen haben.)

Ausblick und die Frage des Pflichtmonitoring

Normal und schlimm zugleich ist die Gewöhnung an einen Missstand, der zum Alltag gehört und dessen Ausmaß kaum noch auffällt. Frauen in Talkshows? Wieso, da saß doch neulich eine (neben 3 Männern). Frauen an den Hochschulen? Wieso, es gibt doch Professorinnen (deren Anteil bei weitem noch nicht dem Frauenanteil unter Absolvierenden und Promovierenden entspricht). Frauen in Fernsehfilmen? Wieso, da sind doch jede Menge (nur eben noch viel mehr Männer).
Dürfen die Intendant*innen, Programmverantwortlichen und Mitglieder der Rundfunkräte es weiter hinnehmen, dass Frauen im fiktionalen Fernsehen weniger zu sehen sind, und dass dem Publikum, Mädchen und Frauen, Jungen und Männern, jung bis alt, eine Welt vorgespielt wird, in denen Frauen nicht gleichberechtigt vorkommen, weder quantitativ, noch altersmäßig, noch inhaltlich?
Wobei, ist es ihnen überhaupt bewusst? Ich stelle in Gesprächen oder Reaktionen auf mein Blog nämlich immer wieder fest, dass vielen Menschen innerhalb und außerhalb der Branche dieses Ungleichgewicht gar nicht auffällt. Das ist verständlich, denn wer sitzt schon mit einer Strichliste vor dem Fernseher oder Stream.
Deshalb ist das deutlichere Sichtbarmachen der Unausgewogenheit überfällig. Und das ginge am leichtesten, wenn die Fernsehsender ein eigenes Monitoring betreiben bzw. es von den Produktionsfirmen einfordern. Dies könnte eine Ergänzung zu den Gleichstellungsberichten der Sender sein, in denen nur die Situation der beim Sender ,richtig’ Beschäftigten thematisiert wird.
So bedeutsam und bahnbrechend der Erste Diversitätsbericht 2010 – 2013 des BVR war, so wichtig ist es auch, dass die Fortführung dieses Monitorings in Zukunft von anderer Stelle übernommen und finanziert wird, das kann und soll der Regieverband auf Dauer nicht leisten. Für das Monitoring im Rollenbereich gilt diese Forderung umso mehr, denn er ist wesentlich umfangreicher und er lässt sich, wie ich aus eigener Erfahrung sagen kann, deutlich schwerer bearbeiten, denn im Gegensatz zu den Regisseur*innen einer Produktion wird die Besetzung nicht vollständig veröffentlicht, schon gar nicht differenziert in Bezug auf Rollengrößen.

Die EDV einer Filmproduktion gibt es sicher her, dass Angaben aus den Tagesdispos – welche Rolle hat wie viele Drehtage – mit den Daten der Schauspieler*innen (Geschlecht, Alter, Tagesgage) verknüpft werden, um anonymisiert zusammenzufassen, wie viele Schauspielerinnen und wie viele Schauspieler mit wie vielen Drehtagen in der Produktion beschäftigt waren usw. usf.
Diese Daten könnten beispielsweise an eine zuständige (neue?) Stelle beim Sender übermittelt werden, und am Ende des Jahres könnten wir erfahren, wie viele Drehtage Schauspielerinnen und Schauspieler in welcher Reihe, Serie, Sendeplatz beschäftigt waren, vielleicht auch nach Altersgruppen. Die Aufschlüsselung in Drehtagen und nicht nur nach Rollen ist wichtig, da gleichwertige Rollen – z.B. Ermittlungsduos in Krimis – regelmäßig unterschiedlich viele Drehtage haben können. Für Nebenrollen gilt das umso mehr.
Was die Umsetzung betrifft: ARD und ZDF vergeben in der Regel ihre fiktionalen Produktionen an Tochter- oder Fremdfirmen, und das wird vertraglich geregelt. Wenn nun in diesen Verträgen ein Passus steht, dass Monitoring, die anonymisierte Drehtageauswertung Pflicht ist, würde deswegen ernsthaft irgendeine Produktionsfirma den Auftrag ablehnen?
Dieses Monitoring könnte bei der ARD ja zunächst für TATORT, POLIZEIRUF und ARD MITTWOCHSFILM begonnen werden; das sind die Formate mit dem besonderen Fokus, für die ARD-Programmdirektor Volker Herres Ende September eine 20-Prozent-Quote für Regisseurinnen innerhalb von drei Jahren angekündigt hatte. Und die Hauptpositionen der Gewerke könnten für den Zeitraum auch ausgewertet werden um eventuelle Gender-Zusammenhänge zwischen Regie und Crew festzustellen (vgl. meine Auwertung in Die deutschen Top 100 Kinofilme 2014). Aber das ist ein Thema für einen anderen Tag.

Und jetzt seid Ihr dran. Was meint Ihr, ist eine Rollenmonitoring-Pflicht eine gute Idee? Wäre es für Produktionsfirmen machbar oder zu viel Aufwand? Reicht es zu wissen, dass es weniger Frauenrollen gibt, ohne groß ins Detail zu gehen?
Ich freue mich auf Eure Gedanken und Kommentare!
Und schließe mit einem Zitat aus der Fernsehratpressekonferenz am 19.9.14 von ZDF-Intendant Thomas Bellut, den ich hoffentlich für meinen Vorschlag interessieren kann – denn es ist nicht nur ein Problem der ARD:

Thomas Bellut:
Nee, ich kenn Ihre Zahl auch nicht, wie Sie dazu kommen.
(ungläubig)
Dass mehr Männer als Frauen in Fictionangeboten auftreten?

.

English Version

Wednesday TV Films on ARD German Channel One 2011-14

Today’s text is about the casts of four years of ARD MittwochFilme – i.e. the Wednesday Films on German Channel One – from 2011 to 2014. I am analyzing the quantity of male and female roles as well as the age distribution of the actresses and actors plus a suggestion for better monitoring.
The text contains six figures and one table.

Introduction
Database
Female and Male Roles 2011 to 2014
Male-biased Films
Female-biased Films
Age Distribution Actresses and Actors 2014
Analysis and Discussion
Outlook and the Question of Compulsory Monitoring

Introduction

After having analyzed the TATORTE (crime scene) on ARD Channel One and the films of the week on ZDF Channel Two in the past I will be focussing today on the so-called film wednesday on ARD. At 8.15 p.m. 90 min. long new films and repeats are shown, I am looking at the 116 premiered films, which were 17 in 2011, 34 each in 2012 and 2013 and a total of 32 films in 2014.

Database

Film lists were provided by ARD, containing information about days of the week, dates and times of broadcast, titles, premiere / repeat and for repeats the date of the original premiere. I extracted the premieres for each year.
The casts are no longer provided on the ARD website, so I turned to the database of crew united which is quite extensive, although of course the lists are not complete, and some films’ information more elaborate than others. A total of 668 female and 1013 male roles were evaluated, that is an average of 14,5 roles per film.

Female and Male Roles 2011 to 2014

In 2011 there were only 17 first screenings, for these films the share of women is the highest in all casts, but still way below 50 %. The sum of each other year’s casts also shows a clear majority of male parts, in 2013 and 2014 the male share was more than 60 %.

ARD_MiFi_1enThe next figure shows the share of women and men amongst the script writers for the premieres from 2011 to 2014 for the Wednesday films. The percentage is from the sum of all authors, regardless whether they wrote alone or as a team with another person.

ARD_MiFi_6enFemale authors are underrepresented and also less present than their share among all members of the script writers’ union or that of all script writers in the crew united database (as I already described in the text It’s the Men that write the Scripts). The value for 2011 is by far the lowest with less than 20 %.

Male-biased Films

Of all 116 about a third (40) have at least twice as many male as female parts.

ARD_MiFi_2enFor 24 films the factor is 3 or more, and for five films the male majority is 4 to nearly 6-fold.

  • 4 to 1: BOXHAGENER PLATZ. Director Matti Geschonneck, script Torsten Schulz
  • 4,3 to 1: ALLES FÜR MEINEN VATER. d. Dror Zahavi, s. Ido Dror, Dror Zahavi
  • 5 to 1: DIE ROUTE. d. Florian Froschmayer, s. Tobias Stille
  • 5,5 to 1: AUSLANDSEINSATZ. d. Til Endemann, s. Holger Karsten Schmidt
  • 5,8 to 1: LANDAUER. d. Hans Steinbichler, s. Dirk Kämper

*These authors are named on the crew united and filmportal websites. IMDB and Wikipedia give Ido Dror und Jonatan Dror for the scriptwriter position. The info in the crew united database was given by the production company.

Female-biased Films

There are no more than four films (= 3,4 %) that have a cast with at least twice as many women than men: IM FALSCHEN LEBEN (director Christiane Balthasar), GELIEBTES KIND (d. Sylke Enders), STILLE (d. Xaver Schwarzenberger) and KEINE ZEIT FÜR TRÄUME (d. Christine Hartmann). The scripts were written by Regine Bielefeldt (2), Dieter Bongartz and Christian Jeltsch. There is no film that has 3 or even 4 times more female than male roles.

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Age distribution Actresses and Actors 2014

I found a total of 539 actresses and actors on the cast lists in the crew united database. For 18 I could not research the age. The other 521 are classified in 5-year-groups in the following figure. An average of 16,3 roles per film were evaluated:

ARD_MiFi_4enBoth the women’s and the men’s age curves are not bell-shaped, since they have some sort of dents in the younger years (unlike that of the population – On Actresses and Other Working Women). Other noticeable characteristics are: the actresses’ curve peakes in the 31 to 35 years group, the actors’ peaks at 41 to 45 years – both a bit younger than the values of the two other TV movie groups I analyzed earlier (Age: A Picture is worth a Thousand Words).
Between 16 and 35 there are more actresses than actors in every 5-year group, the biggest ratio in favour of female roles is found for the 21 to 35 year olds, it is 1 to 1,7. And on the other end of the scale the biggest gap is in the 46 to 50 year olds, there we see 4,2 times more actors than actresses. And finally: in 2014 there were more parts for actors in each of the five groups between 36 and 60 than for women in the 31-35 group which was their peak.
This is a similar result to my evaluations of the TATORTE (crime scene) 2013 and ZDF TV movies of the week 2013. The male characters of the ARD Wednesday Films are slightly younger in comparison, but for all three groups of films there are clearly more male roles over 50 than female’s, or, to be more precise, in all three groups of films there were far less actresses over 50 cast than men.

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Apart from the older age groups the ones between 26 and 35 are also quite interesting since there is a clear majority of females over males to be found.
The next figure shows the script writers for 2014 differenciated according to the constellation in which they wrote.

ARD_MiFi_5enScripts, that is another area that needs to be investigated in greater detail, who writes them, which ones are filmed / commissioned, how old are the writers, what characters are there genderwise in the original script version, does this change after the scripts are approved for shooting, what stories are being told from a gender point of view, which are not and other things more.

Analysis and Discussion

The population in Germany consists of 41,4 women and 39,8 men (data for Dec. 31, 2014, given by Federal Statistics Agency), but we don’t see them in this ratio on fictional TV. The same goes for the presented age situation, which obviously differs considerably from reality, where we don’t suddenly get a strong decrease of women in relation to men in number from mid 40s onwards. On the contrary, the 46 to 55 year olds are the strongest 5 year groups for both men and women.
To make this clear, it is perfectly ok that there are films with more male characters or with more female characters. It also does not matter if the role ratio is 1 to 5 or even 1 to 6. Whether it is a film like SAU NUMMER 4 or AUSLANDSEINSATZ, they will probably – hopefully! – have good reasons, why these stories are told with 3,3 or 5,5 times more male than female roles.
It gets critical however when this is not balanced in a group of films, when there are no films with a majority of roles of the other sex. With things being as they are the MittwochsFilme / WednesdayFilms must be considered as a male format. Something similiar we already evaluated for the TATORTE (crime scene) cop dramas of the same channel, that also have a clear majority of male roles. The friday night films still need to be examined, will they be differently cast?

This imbalance in the casts of groups of films of course is not in accordance with the mandate of public television (§ 11 RStV – see my text The Standards for Public Broadcasting), the audience gets to see a twisted world where women are in the minority, on the side-lines and and traditional conversative roles.
We can only speculate on the reasons for this, especially since there is no proper data available on the size of the roles and the number of shooting days. Does this thing start right from the moment of pitching? Are stories with more women, especially more older women, automatically rejected? Or do they simply write less roles for women? The majority of scriptwriters of the MittwochFilms was male, maybe the majority is also older. This could explain why so many male parts and so few female poarts for 50 to 60 year olds are written. On top of that we have to take into account, that every now and then female parts are played by younger women (examples for this in my text On Actresses and other Working Women).
But whatever the reasons may be, this is certainly not a good thing. The female viewers do not find enough female characters to identify with, and actually the audience as a whole is underrated if it is assumed that they all actually are in favour of this retro reality.

Last month, the DAFF (German Academy for Television) held a symposium in Cologne under the header “Not with Us”, which according to DAFF chairman Michael Brandner spells out “a challenge to the structures”.

Unfortunately they ignored that part of the structures responsible for the fictional content of TV. The first panel “female, creative, disadvantaged – women quota – not only for directing?” did not feature any talk on content or the quantitative and qualitative role imbalance and there was no actress as panel member. Even though there might be a subtle connection between men and women portrayed in fictional TV on the one hand and the way women’s and men’s tasks in a TV production and eventually the jobs people get. Incidentally, I think that a gender quota should not only be a topic for women to disussn, and so it is quite unfortunate that apart from the presenter there were five women on the stage, – this could lead to questions on individual experiences instead of talking about the structure.
The third panel on the other hand was 100 % a men’s thing: introduction, presentation and discussion with 5 guests on the topic “academy 3.0 – the future of television”. I fear that the chairpeople of the academy (5 men, 1 women) don’t really ackknowledge women. Or alternatively, women are not interested in the future of television, or this topic leaves them speechless?
The videos of the symposia (in German) are online in the blog outtakes.de.

The different availability of roles für actresses and actors that I have yet again shown with today’s analysis leads to economic consequences as well since the 10 to 15,000 actresses in Germany have less working possibilities due to their gender. On top of that there is the issue of unequal pay of course.
This deficit should actually call for immediate action by unions and professional organizations, but there is still a lot to do. Maybe it is because there are so few women at the top of organizations or because the men at the top haven’t quite grasped the urgency of the matter yet, as became clear yet again at a monthly meeting of the BFFS acting union in Berlin a few months ago. The chairpeople of the organization was present to talk about their work and to find out the thoughts and needs of the members. A few female colleagues spoke in favour of putting the situation of actresses in Germany on the agenda, they complained about the lack of real female characters on television and that it was not mirroring society. BFFS chairman Michael Brandner wiped this criticism abruptly away saying “Listen people, that is fictional, it is only fiction after all!” and with that the topic was gone for then.
Pointing out that fictional films are of a fictional nature is quite funny and calls for two other pointers: one to the broadcasting treater and the mandate of the broadcasters and the second to the main purpose of our union which is the “protection, care and promotion of the common economic, social, professional and cultural interests of the actresses / actors working in Germany” (statute of the BFFS, § 1, 3a – I like to assume that “common” does not mean that it is only about problems that actresses AND actors have likewise).

Outlook and Compulsory Monitoring

It’s normal and bad at the same time when you get used to a grievance that becomes part of everyday life and is hardly noticeable any more. Women on talk-shows? Why, the other day there was one (next to 3 men). Women at universities? Why, they do have female professors (whose share by far does not correspond to the female share among students and PhD students? Women in TV films? Why, there are always a lot (and always a lot more men):
Should the TV company directors, the people responsible for the programme, the members of the broadcasting councils really accept it that there are less women on fictional television than men, and that the audience, girls and women, boys and men, young and old, gets the image of a world where women are not present as equals, neither quantitatively, nor agewise, nor from their stories?
At the same time I am not sure that they are aware of this. I notice quite regularly in conversations or from reactions to my blog that a lot of people inside and outside the film industry have never actively noticed this imbalance. This makes sense, since hardly anyone sits in front of their television set with a tally sheet.
So making the imbalance more visible is clearly overdue. The easiest would be if the broadcasting companies would organize this monitoring by themselves and have them demand it from the production companies. This could be an extension to the existing report on gender equality which up to now only deals with the personell at the stations who work there on a permanent basis.
As significant and groundbreaking the First Diversity Report 2010 – 2013 of the German Directors’ Guild BVR has been, it is just as important that the continuation of this monitoring is organized and financed by another institution, this is something the Directors’ Guild is not able to carry out on the long run.

This applies for the monitoring of TV roles just as much since that area is much larger and, as I can say from experience, much more difficult to handle – since contrary to the directors of a production is not published completely, and certainly not classified according to the sizes of the roles.
The DP of a film production will surely enable to combine the data from the daily dispositions – what part is shooting how many days – with the data of the actresses and actors (gender, age, daily salary), to extract in an anonymous way how many actors and actresses worked for how many days in the production etc.

Maybe monitoring at the ARD can start for the formats TATORT, POLIZEIRUF (both cop dramas) and ARD MITTWOCHSFILM, there is a special focus on these productions since ARD director of programme Volker Herres recently announced a 20 % quota for female directors within three years.

And now it’s your turn: what do you think, is this type of compulsory role monitoring a good idea? Would a production company be capable of doing it or is it too much work? Is it sufficient to know that there are fewer roles for without going into greater detail? I am looking forward to your thoughts and comments! And I close today with a quote from ZDF (channel 2) chairman Thomas Bullot, who will hopefully get interested in my suggestion (because obviously this is not a problem for ARD channel 1):

Thomas Bellut:
No, I don’t know your numbers either, how you come to think
(disbelieving)
that there are more men than women in fictional formats?