Am Sonntagabend 15. September lief der erste ,neue’ TATORT nach der Sommerpause. Er kam aus Wien und ich habe ihn nicht gesehen. Aber er erinnerte mi ch daran, dass ich normalerweise zur Sommerpause eine statistische Aufarbeitung der ersten TATORTE des Jahres anfertige. Diesmal machte ich mir einen Spaß und veröffentlichte den 6-Gewerke-Check ohne Gewerkenennung (Im 6-Gewerke-Check wird der Frauenanteil, meistens für Regie, Drehbuch, Kamera, Ton, Schnitt und Musik ermittelt). Und so sah der aus – wollt Ihr mal raten?
Ich wurde mehrfach gefragt, ob ich noch einen ausführlicheren Blogeintrag dazu mache. „Klar doch, ist schon fast fertig!“ antwortete ich. Haha. Stimmte gar nicht. Aber jetzt: Weiterlesen →
6. August 2024
von SchspIN Kommentare deaktiviert für „Tatsächlich war es mein Ziel, mir die Rolle meines Lebens zu schreiben.“
Vor ein paar Wochen wurde ich von gleichgestellt.de eingeladen, fünf Filme oder Serien für ihre wöchentliche Watchlist auf Instagram zu empfehlen. Eine schö ne Idee; doch auch nicht leicht. Diesen Donnerstag erscheinen nun meine fünf Tipps – fünf Serien – in der Watchlist. Irgendwann bespreche ich meine fünf ausgewählten Serien und dazu noch einige weitere ausführlicher hier im Blog.
Auf Platz 1 der Liste setze ich die israelische Serie בלאדי מורי BLOODY MORI (deutsch: DANA & MURRAY, YES Studios). Hier der Trailer.
Ich freue mich, heute mein Interview mit der israelischen Schauspielerin und Autorin Stav Idisis, Erfinderin, Autorin und Showrunner der Serie, zu veröffentlichen. Vor dem Fünf-Serientipps-Blogtext, denn der wird auch so schon lang.
Stav Idisis. Foto privat.
Zehn Fragen an Stav Idisis סתיו אידיסיס
Intro:
Worum geht es bei BLOODY MORI?
Bloody Murray ist eine romantische Komödie in 8 Episoden, in deren Mittelpunkt Mor steht – eine 35-jährige, alleinstehende Filmdozentin, kontrolliert und zynisch, die gegen alle Widerstände eine Obsession für das Genre der romantischen Komödie entwickelt. Die endlose Beschäftigung mit den Grundsätzen des Genres, seinen Gesetzen und seiner Logik, beherrscht ihren Leben, ihr Bewusstsein, ihre Entscheidungen und ihre Denkweise. Infolgedessen ist Mor schließlich überzeugt: Lior (der neue Partner ihrer besten Freundin Dana) ist in Wirklichkeit für sie bestimmt.
„8 Episoden“, bei arte sind es 9?
Ursprünglich sollte die Serie 8 Episoden haben. Erst am Ende des Schreibprozesses wurde mir klar, dass ich eine weitere Folge brauchte, und die Produzenten stimmten zu.
Das ist wirklich erfreulich und spricht sowohl für Stavs Überzeugungskraft als auch die Aufgeschlossenheit der Produktionsfirma (YES Studios). Ach und was ist mit dem Titel und dem Namen der Hauptfigur?
Bereits vor elf Jahren, im zweiten Text von diesem Blog ging es um das Theater: Eine Blume auf der Bühne (22.1.13) Auch die zum Theatertreffen eingeladenen Produktionen habe ich mehrere Jahre beleuchtet (klick!), das letzte Mal allerdings 2016 – höchste Zeit das mal wieder zu machen, und vielleicht auch die eine oder andere Theater-/ Spielplananalyse.
Heute soll es um ein anderes Theaterthema gehen, die
Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Theaterbranche
Ein Verein
Ein Spagat
Ein Familiensiegel
Eine Pilotstudie
Ein Werkzeugkasten
Ein Maßnahmenkatalog
Ein Aside
Ein Verein
Ich freue mich sehr, dass es die Bühnenmütter gibt, einen 2021 gegründeten Verein, der „Bühnenkünstlerinnen mit Kindern“ unterstützt und vernetzt und sich „für familienfreundliche Strukturen in Theatern und kulturellen Institutionen ein(setzt).“
Ihre Webseite wird demnächst – wenn die ehrenamtlichen Aktivistinnen dafür Zeit finden oder eine unverhoffte finanzielle Unterstützung erhalten – optisch überarbeitet (hoffentlich gibt es dann auch eine Suche-Funktion!). Aber die Seite ist inhaltlich auch so wie sie ist eine Schatztruhe für alle, die an öffentlichen Bühnen oder in der freien Szene arbeiten. Und das neue Logo ist schon fertig.
Ein Spagat
Die Bühnenmütter beschreiben das Nebeneinander von Familie und Bühnenberuf wird als Spagat (klick!), Weiterlesen →
Lange her, in den ersten Jahren meiner Analysetätigkeit habe ich mitunter auch Radiosendungen untersucht. Zum einen war mir der Beitrag „Von der Polizei verhaftet – und dann?“ in der DLF-Kindersendung Kakadu vom 2.11.13 unangenehm aufgefallen, nachzulesen hier: Früh übt sich … . Außerdem habe ich von 2013 bis 15 das Radiofeuilleton IM GESPRÄCH, das Samstags von 9 bis 11 Uhr auf Deutschlandfunk Kultur gesendet wird, unter die Lupe – oder das Hörrohr? – genommen. Falls ihr die Sendung nicht kennt: das ist die Sendung von DLF mit Publikumsbeteiligung. Es gibt eine/n Moderator:in und ein bis zwei Fachleute, die sich über ein Thema austauschen, das Publikum wird per Anruf oder Emailbeitrag einbezogen. Mir war aufgefallen, dass sehr viele Experten und sehr wenige Expertinneneingeladen waren. Dazu hatte ich vier Artikel verfasst:
Und ich hatte im ersten Jahr die Redaktion der Sendung darauf angesprochen, vielmehr angeschrieben. Es ist kein Problem, wenn es reine Männersendungen gibt, Aber immer wieder? DKultur meinte damals zu seiner Gästeauswahl:
Am 19. Februar 24 fand der Kongress Empowered for Equality anlässlich von 10 Jahren Pro Quote Regie / Pro Quote Film am Rande der 74. Berlinale statt. Ich sollte einen Impulsvortrag halten und außerdem dem offiziellen Launch der von mir erstellten Webseite ffd PQF Familienfreundliches Drehen beiwohnen. Hier eine gekürzte Fassung meines 20-minütigen Vortrags:
Ich bin letztes Jahr von Pro Quote Film beauftragt worden, einen Maßnahmenkatalog zum Thema familienfreundliches Drehen zu entwickeln. Es sollten glaube ich acht Seiten werden. Aber sehr bald habe ich gemerkt, dass das so nicht viel Sinn macht, und habe stattdessen eine Webseite vorgeschlagen, weil man die einfach leichter ausbauen kann und mehr drauf passt und man besser verlinken kann. War etwas blöd das vorzuschlagen, da das Projekt dann immer größer und länger wurde! Aber jetzt ist die Seite tatsächlich fertig, und sie wird auch, wenn alles klappt, gleich an den Start gehen.
Wie läuft es mit der Filmfamilie?
Wir sagen ja immer, wir sind die große Filmfamilie und Familie passt aufeinander auf. Das ist sehr schön.
Seit ungefähr zeitgleich mit dem Fernsehkrimifestival im März 2020 (Fernsehkrimis – die Jury sind wir!) die Pandemie nach Deutschland kam ist es mir gelungen, allen Coronaviren aus dem Weg zu gehen. Aber in der Weihnachtszeit 23 war es leider soweit. Ich erspare Euch meine Symptom- und Unwohlseinsschilderungen, nur so viel: diese viel erwähnte Abgeschlagenheit ist nicht ohne, so dass ich viel von dem, was ich eigentlich dieses Jahr noch vorhatte nicht angehen konnte und kann. Dazu gehört auch ein Teil der Untersuchungen zum heutigen Thema TATORTE 2023. Entfallen müssen unter anderem leider die Analyse der 36 Hauptcasts und der Schauspieler:innen, die 2023 in verschiedenen TATORTEN und TATORT-Städten besetzt waren, eine statistische Auswertung der Mörder und Mörderinnen und Täter und Täterinnen (u.a. bzgl. Quantität und Alter), eine Betrachtung der Einstiegsbilder und des Zustand der „Einstiegsleichen“. Da ich den Artikel nicht ins neue Jahr mitschleppen möchte erscheint er heute, – stark verkürzt.
TATORTE 2023: Was tut sich hinter der Kamera.
Die nächsten sechs Abbildungen zeigen den 6-Gewerke-Check für die 2023 erstausgestrahlten 36 TATORTE, die Analyse #2von6, die Entwicklung in den drei Gewerken Regie, Drehbuch und Kamera von 2011 bis 2023 sowie die sechs Gewerke (zusätzlich noch Ton, Montage und Musik) für die Jahre 2018 bis 2023. Außerdem den 6-Gewerke-Check und die #2von6-Analyse für die 2023 erstausgestrahlten 8 POLIZEIRUFE.
Der Trend der letzten Jahre hat sich fortgesetzt: sowohl der Regisseurinnen– als auch der Autorinnenanteil sind mit 47,2 % bzw. 41,5 % auf einem Höchstwert angekommen. Ihr erinnert Euch vielleicht wie mehr Regisseurinnen TATORTE inszenieren durften aufgrund einer zunächst niedrig bei 20 % liegenden Zielvorgabe oder Absichtserklärung der Degeto, die nach und nach angehoben wurde? Und dass daran irgendwie gekoppelt die Autorinnen weniger wurden? (Stichwort: „Wir haben schon eine Frau im Team“). Erst als die Drehbuchautorinnen und zuvor natürlich dieses Blog dagegen angingen, die Zahlen auf den Tisch legten bzw. per Brandbrief das Gespräch suchten kamen langsam (wieder) mehr Autorinnen in dieses bestbezahlte Fernsehformat. Ebenfalls sei daran erinnert, dass ungefähr gleich viele Frauen und Männer an den Hochschulen in den Fächern Regie bzw. Drehbuch ausgebildet werden.
Wir erleben jetzt etwas ähnliches mit den Kamerafrauen. Mehr Regisseurinnen, mehr Autorinnen, und gleichzeitig sind an der Kamera Frauen kaum noch vertreten, also noch seltener als in den Vorjahren. Ebenso bleibt es bei den niedrigen Frauenanteilen in Ton und Komposition. Lediglich Montage, also der Schnitt, kommt auf weniger als 40 % Männer. Weiterlesen →
Ja, der Titel erinnert an ein außer gewöhnlich torreiches Handballspiel, aber tatsächlich geht es wieder einmal um TATORTE, mit aktuellen Zahlen und zwei guten Nachrichten.
6-Gewerke-Check 2023 Sommerpause
Die 23 bis zur Sommerpause erstausgestrahlten TATORTE haben einen gerundeten 48 % (47,7 %) Regisseurinnenanteil und 44 % (44,1 %) Autorinnen. Nicht schlecht!
In der Montage machen Editorinnen 2/3 aus, in 15 TATORTEN waren sie allein verantwortlich, in dem Wien-Fall WAS IST DAS FÜR EINE WELT gab es ein Schnitt-Duo, Karina Resslerund Philipp Bittner.
Weniger vielversprechend sind die Zahlen für die übrigen Gewerke.
Besonders die 13 %Kamerafrauen enttäuschen, in diesem Gewerk sind immerhin ein Viertel der Hochschulalumni weiblich, aber sie werden für TATORTE nur selten engagiert. Lediglich drei standen in den ersten 23 TATORTEN 2023 hinter der Linse – Julia Jalnasow (München: SCHUTZMAßNAHMEN), Christiane Buchmann (Saarbrücken: DIE KÄLTE DER ERDE) und Katharina Diessner (Köln: WIE ALLE ANDEREN AUCH). Auffällig, kein Regisseur arbeitete mit einer Kamerafrau.
Und es gab nur eine Filmtonmeisterin: Claudia Mattai del Moro, die ebenfalls bei DIE KÄLTE DER ERDE arbeitete. Peter Tielker war bei vier TATORTEN Filmtonmeister (Dortmund, Kiel, Schwarzwald, Zürich), Je 3 mal Matthias Haeb (München, Köln, Bremen) und Wolfgang Wirtz (Franken, Stuttgart, Köln). Weiterlesen →
31. Juli 2023
von SchspIN Kommentare deaktiviert für Familienfreundlichkeit und die Filmbranche
Belinde Ruth Stieve bei „Familiengerechtes Drehen. Der konkrete Kongress!“ von Pro Quote Film. Foto Sibylle Anneck
Familienfreundlichkeit und die Filmbranche
Hintergrund
Familien sind in der Film- und Fernsehbranche sehr beliebt – als Publikum, als Zielgruppe. Aber um diese Familienfreundlichkeit soll es hier nicht gehen, sondern um die Vereinbarkeit von Familie und beruflicher Karriere vor oder hinter der Kamera.
Die Erwerbstätigenquote von Eltern mit Kindern unter sechs Jahren in Deutschland zeigt, dass Väter zu80 – 90 % arbeiten, egal ob sie ein, zwei oder drei Kinder unter sechs Jahren haben. Nurjede zweite Mutter geht in der gleichen familiären Situation einer Erwerbstätigkeit nach. Weiterlesen →
Vor ein paar Tagen erhielt ich einen Programmhinweis von Real Film Berlin / Studio Hamburg, es ging um den Sendestart einer sechsteiligen „Thriller-Serie“ auf Netflix. Diese heißt SCHLAFENDE HUNDE und basiert auf der israelischen Serie IKARON HAHACHLAFA עקרון ההחלפה von Noah Stollmann und Ori Weisbrod (2016), was in etwa als „Tauschprinzip“ übersetzt werden kann. Die deutschen Drehbücher stammen von Christoph Darnstädt.
Nun habe ich nicht gedacht „Juchuh! Endlich eine neue Krimiserie!“ oder „Supi! Endlich wird eine erfolgreiche israelische Serie neuverfilmt!“ (wir kennen beispielsweise schon HATUFIM חטופים / „Entführte“ und BETIPUL בטיפול / „In Behandlung“, wobei mir die Originalfassungen grundsätzlich lieber sind, aber das ist ein anderes Thema).
Nein, mir fiel die Kurzskizzierung der Hauptfiguren auf, die doch ein bisschen ärgerlich anmutet. Interessant wurde es erst, als ich die beschreibenden Adjektive der weiblichen und männlichen Rollen tauschte, und daraus entstand mein heutiger Vorschlag für eine neue Kampagne.
Abzählvers Gesine und die Einleitung Ridley Scott’s NAPOLÉON-Film und das Alter von Schauspieler:innen Napoléon et Joséphine Die neue Verfilmung Historischer Exkurs Die deutschen Schauspieler:innen und ihr Alter
3 Jahre-Vergleich [Datenbank Filmmakers]
Kaiser von Rom Napoléon sein Sohn der war noch zu klein um Kaiser zu sein Noch ein Stückchen weiter auf der Himmelsleiter Hier bleib ich steh’n um alles zu seh’n eins, zwei, drei!
Gesine und die Einleitung
Neulich war ich zum „Let’s change the Picture“-Podcast von Gesine Cukrowski eingeladen, Ihr könnt das Gespräch hier nachhören (Zu Gast bei Gesine Cukrowski #LetsChangethePicture). Darin erwähnte ich nebenbei die aktuelle Ridley Scott Verfilmung eines Napoléon-Stoffs, in der Napoleons erste Frau Joséphine mit der 30-jährigen Jodie Comer besetzt war und Napoleon mit dem 48-jähringen Joaquin Phoenix. Hinterher habe ich nachgesehen, ob die Dreharbeiten schon abgeschlossen sind, und bei der Gelegenheit erfahren, dass Joséphine umbesetzt wurde.
Im Interview erwähnte ich auch, dass es bei uns in jüngeren Jahrgängen mehr professionelle Schauspielerinnen als Schauspieler gibt, diese aber früher aus dem Beruf ,verschwinden‘ als ihre Kollegen. Diese Aussage stütze ich u.a. auf meine Altersauswertungen von Schauspieler:innen in der Castingdatenbank Filmmakers 2013 und 2017.
Um diese beiden Themenbereiche geht es in meinem heutigen Text.
Ridley Scott’s NAPOLÉON-Film und das Alter von Schauspieler:innen
Napoléon et Joséphine
Die neue Verfilmung
Der englische Regisseur und Filmproduzent Ridley Scott (85) führte u.a. Regie bei THE DUELISTS (1977, sein Langfilmregiedebüt, Buch Gerald Vaughan-Hughes), ALIEN (1979, Buch Dan O’Bannon und Ronald Shusett) und THELMA & LOUISE (1991, Drehbuchdebüt von Callie Khouri). Scott ist seit 2015 in dritter Ehe mit der 18 Jahre jüngeren kostarikanischen Schauspielerin Giannina Facioverheiratet.